"Die zeitgenössische Musik muss sich in ihren Präsentationsformen, auch in ihrem Selbstverständnis verändern. Sie ist sehr schnell in Gefahr, ein arrogantes Verhältnis zu anderen Musikformen und übrigens auch ihrem Publikum gegenüber zu haben", sagte der künstlerische Leiter der TonLagen, Dieter Jaenicke, zum Abschluss des Hellerauer Festivaljahrgangs 2010 im Interview mit »Musik in Dresden«.
Martin Morgenstern
Fünf Elemente bestimmen die Musikfestspiele 2011: Das geerdete Dresdner Publikum. Die quicklebendig plätschernde Inspiration Jan Voglers. Feurige Musikweisen aus aller Welt. Und der Geist der Kunst, der Musenäther, der uns alle einhüllt. Der Intendant blickt schon einmal voraus.
Die Zeiten, als Opernaufführungen acht, neun Stunden dauerten, sind gottlob vorbei. Um das Publikum nicht völlig zu erschlagen, fügte man zu Lebzeiten Augusts des Starken "Intermezzi per musica" ein. Die Semperoper nimmt jetzt eines davon ins Programm: als Anfütterungshappen für neue Publikumsschichten.
Christian Thielemann hat für 2011 Aufführungen des Bachschen "Weihnachtsoratoriums" mit Musikern der Staatskapelle in der Frauenkirche angekündigt. Spätestens bis dahin sollte die Idee eines "aufgeklärt" barocken Klangbildes in der Kapelle verwirklicht sein. Der 1. Kammerabend bot da durchaus noch Anlass für Fragen.
Die Dresdner Philharmonie bot letztes Wochenende unter Gastdirigent Andre Previn und mit dem fantastisch aufspielenden Daniel Müller-Schott drei außergewöhnliche Werke an einem Abend, unter anderem eine deutsche Erstaufführung. Das Kulturpalast-Publikum scheint sich allerdings durch permanente Abwesenheit einen kleineren Saal geradezu ertrotzen zu wollen.
Jahrelang ist man da als Musikstudent Tonleitern rauf- und runtergeflitzt. Dann das Diplomkonzert – und plötzlich steht man vor dem Hochschulgebäude am Wettiner Platz und fragt sich: wie weiter? Die Musikhochschule will ihre Studenten ab sofort mit einem speziellen "Career Service" für den umkämpften Arbeitsmarkt fit machen.
Die Waffe, die im Klassenkampf der ersten »Turm«-Hälfte am schärfsten ist, ist – die Musik. Der DJ Rafael Klitzing mixt im Dachgeschoss des Bühnenturms im Schauspielhaus ein Erinnerungs- und assoziationsreiches akustisches Panorama zusammen, von Schuberts schellackkratziger "Unvollendeter" bis zu einem mit den "Moorsoldaten" gewürzten "Satisfaction". Auch deshalb sei hier ein Ausflug ins Nachbargenre gestattet.
In über vierzig Städten hat Rudolf Buchbinder seinen Beethovensonaten-Zyklus bereits gespielt. Nun präsentiert er ihn auch in Dresden – mit halb angezogener Handbremse: denn die Konzerte werden auf CD aufgenommen. Zeitgemäßer wäre es gewesen, die Konzerte zu moderieren, vielleicht im Internet zugänglich zu machen. So hat die gastgebende Staatskapelle eine Chance vertan, ein neues Publikum für klassische Musik zu interessieren.
Die deutsche Schostakowitsch-Gesellschaft war vom neu gegründeten Verein Schostakowitsch in Gohrisch e.V. eingeladen worden, ihre Plenarsitzung dieses Jahr in Gohrisch im Rahmen der Schostakowitsch-Tage abzuhalten. Ein ganz besonderer Termin war schon der Eröffnungsabend: da fand die Uraufführung des dreizehnten Streichquartetts von Krzysztof Meyer statt. Martin Morgenstern hat mit dem polnischen Komponisten gesprochen.