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Frühstücken mit Moritz Eggert

„Was für ein Tausendsassa!“ rufen wir begeistert aus, wenn wir jemandem zusprechen, der viele Gewerke traumsicher beherrscht – oder einfach auch überall auftaucht und zu begeistern vermag. Ein Künstler, der sich den Namen Tausendsassa selbst anheftete, war der Maler Friedensreich Hundertwasser – Regentag und Dunkelbunt waren weitere Vornamen. Das passt auch zum Komponisten Moritz Eggert (*1965), der aber sicher bescheiden widersprechen würde, wenn man ihn auf einen Ursprung des Begriffs anspräche, der viel freundlicher, aber auch anspruchsvoller vom Universalgenie kündet. Und doch ist Moritz Eggert im guten Sinne und sicher auch bekennend ein Allround-Künstler, wenn man alleine seinen Werkkatalog betrachtet, der manche Genres neu befragt, andere miteinander verbindet.

Als in der Gegenwart verorteter Homo Musicus ist Eggert jedenfalls nicht die Spitzweg-Figur in der Dachkammer (dort wo, laut Max Raabe, man nur kann, wenn keiner guckt), sondern Eggert mischt sich ein, ist präsent, stößt an und diskutiert – mit Tönen und auch Worten. Seit vielen Jahren liefert er beim berühmten „Bad Blog“ der nmz lesenswerte Denkanstöße, brachte sich in die #metoo-Debatte um Siegfried Mauser ein, diskutiert aber auch Phänomene wie die Musik von Alma Deutscher, Aufführungsraten neuer Opern im Musikbetrieb oder den Zusammenhang zwischen Komponieren und Marathonlaufen. Was mich an meinen fußballspielenden Kompositionslehrer erinnert und an Abende mit dem Moderator der hier vorgestellten Veranstaltung, bei denen klug eingefädelte Abseitsstellungen mindestens den gleichen Diskussionswert hatten wie die Zwölftonreihe aus Bergs Violinkonzert. Und weniger als Professor, der er nunmal seit 2010 in München ist, sieht sich Eggert auch als Coach für seine Kompositionsstudenten – eine interessante Sichtweise im sonst gern so schwerlastig daherkommenden akademischen Betrieb.

Ganz vergessen hatte ich ja noch Eggerts Tätigkeit als Pianist und Liedbegleiter – und nein, nicht nur eigener Werke, aber ja, auch und gerade etwa seiner „Hämmerklavier“-Stücke, womit man Eggert als Performer unbedingt einmal erlebt haben sollte. Richtig, das klingt nach Tausendsassa, aber auch ungemein spannend und bei allem zum Ertragen der Welt wie zum Öffnen der Horizonte nötigen Zwinkern auch mit allem Ernst. Im Ohr habe ich noch seine höchst spannende Vertonung von Brigitte Reimanns „Franziska Linkerhand“ an der Oper in Görlitz – überhaupt ist Eggert ein Mann für’s Theater, und hat mittlerweile mehr Opern geschrieben als Puccini, zuletzt kam „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ nach Fritz Langs berühmtem Stummfilm an der Komischen Oper Berlin heraus.

Wem das alles hier zu langsam geht, höre Eggert selbst bei seiner Serie „Oper für Ungeduldige“ zu. Und wer mehr über diesen sonnentag-hellbunten Komponisten erfahren will, möge sich am 8. Dezember unbedingt ins Festspielhaus Hellerau begeben. Der Komponistenkollege und Ensemble-Courage-Gründer Benjamin Schweitzer wird den Vormittag moderieren, Frühstück gibt es selbstverständlich dazu. Und jede Menge Musik von Eggert, hier einmal mit dem Fokus auf dem Solostück und der Kammermusik.

Europäisches Zentrum der Künste Hellerau, 8.12.2019, 11 Uhr
Komponisten zum Frühstück
Zu Gast: Moritz Eggert

Musik gespielt vom ensemble courage (Uta-Maria Lempert – Violine, Alisa Smith – Viola, Matthias Lorenz – Violoncello, Anne Stadler – Gesang, Susanne Stock – Akkordeon)
Moderation: Benjamin Schweitzer

Eine Koproduktion von ensemble courage und HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste.

Foto: Susanne Diesner

 

 

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