Musik verbindet: Generationen, Geschlechter, die ganze Gesellschaft. Wenn sie sich nur darauf einlässt. Wie aber könnte man sich einem ein sozialen Musikprojekt überhaupt entziehen?
»Die Elbe – Im Fluss der Musik«, so war das Konzert überschrieben, zu dem der Verein »Musaik – Grenzenlos musizieren« in die Sporthalle der 121. Dresdner Oberschule Johann Georg Palitzsch nach Prohlis einlud. Händels »Wassermusik« und Smetanas »Moldau« schwappten da auf, Dvořáks Rusalka tauchte da unter (im »Lied an den Mond«), Quellen und Wellen gab es aber auch im wogenden Walzer aus einer Jazzsuite von Schostakowitsch sowie in anderen Titeln des gut eineinhalbstündigen Konzertes. Illustriert wurde das Ganze mit blauen Tüchern, auf denen selbstgebastelte Schiffe aus Pappe ausgesetzt waren.
»Die Elbe – Im Fluss der Musik« war, wie vorangegangene Konzerte des Musaik e.V., ein Gesamtkunstwerk. Es verband Musik unterschiedlicher Epochen und Genres, interpretiert von Kindern, Jugendlichen und von erwachsenen Menschen, es verband aber auch Interpreten und Publikum. Denn natürlich war der Saal, wo sonst in sportlichen Wettkämpfen gegeneinander angetreten wird, nun aber gemeinsam miteinander musiziert wurde, von Familien, Lehrkräften und Nachbarn bestens gefüllt.
Musik in einer Sporthalle? Aber ja! Die reine Akustik ist freilich gewöhnungsbedürftig, doch darum geht es gar nicht bei diesem von vielen Partnern unterstützten Projekt, das musikbegeisterte Mädchen und Jungen aus zahlreichen Nationen zusammengeführt und deren Eltern, Geschwister und Freunde im Publikum begeistert. Eine regelrechte Konzertatmosphäre entstand in dieser Turnhalle. Die Botschaft war klar: »Wo wär’n wir ohne Musik, wo wär’n wir ohne Musaik?« Dieses Frühjahrsprojekt hat wieder mehr als hundert musikbegeisterte Kinder und Jugendliche des Musaik-Orchesters zusammengebracht, um vor vielen Gästen aus Dresdens Stadtteil Prohlis ein buntes Programm aufzuführen.
Unter den Mitwirkenden auch diesmal wieder eine Handvoll Musikerinnen und Musiker aus den Reihen der Sächsischen Staatskapelle, dem Partnerorchester von Musaik. Sie steckten, ebenso wie das gesamte Orchester, in blauen T-Shirts mit dem Logo des Projekts, das auch von der Jugendkunstschule Dresden, dem Ausländerrat sowie dem Umweltbildungszentrum unterstützt wird. Luise Börner spielt Geige und hat Musaik 2017 gemeinsam mit ihrer Freundin, der Cellistin Deborah Oehler, ins Leben gerufen: „Wir waren gemeinsam in Peru in einem Sistema-Projekt und sind davon so fasziniert gewesen, dass wir daraufhin hier in Dresden Prohlis Musaik gegründet haben.“
Ein enormes Engagement vor allem auch hinter den Kulissen war und ist wichtig, um aus ersten Ideen das werden zu lassen, wofür der Name inzwischen längst steht: »Musaik – Grenzenlos musizieren« – Genregrenzen gibt es hier nicht, dafür Mitwirkende aus rund zwanzig Nationen. „Das hat natürlich mein Leben komplett verändert“, sagt Luise Börner, „aber bei aller Anstrengung ist es unheimlich toll, dass die Kinder hier Konzerte spielen können und stolz sind auf ihre Leistungen, die tatsächlich enorm sind und wofür sie sich auch wirklich sehr anstrengen müssen.“
Die im Konzert gebotene Musikauswahl ist durchaus ambitioniert und wird – natürlich auf die entsprechenden Fähigkeiten zugeschnitten – für die jeweils vorhandene Besetzung arrangiert. Das Engagement des Projektteams ist spürbar mitreißend und nahezu grenzenlos. Stichwort: Musik verbindet. „Wir sind natürlich über die Jahre gewachsen, haben zum Glück ganz, ganz fähige Lehrende, die den Verein mit sehr viel Ehrenamt, aber mit viel Arbeit tatkräftig unterstützen.“ Luise Börner weiß, wofür sie sich einsetzt, und ist überzeugt vom nachhaltigen Sinn dieses Tuns. Deborah Oehler, die im Konzert mal moderiert, mal dirigiert und zum Schluss selbst den Abbau von Bestuhlung und Dekoration arrangiert, scheint energiegeladen zu sein und wirkt regelrecht ansteckend.
Bei all diesem Einsatz dürfte die Partnerschaft mit der Sächsischen Staatskapelle, die dem Musaik e.V. 2022 den mit 50.000 Euro dotierten Herbert-von-Karajan-Preis der Osterfestspiele Salzburg gestiftet hatten, eine wichtige Hilfe sein. Cellistin Anke Heyn vom Orchestervorstand zeigte sich „von der ersten Stunde an beeindruckt, wie viel Engagement, Expertise und Herzblut hier drinstecken. Auch dieses Konzert hat wieder so viel leuchtende Augen hervorgezaubert und Energie erzeugt. Ganz klar, da wollen wir uns als Orchester sehr gerne mit einbringen.“ Daraus ist längst ein wechselseitiges Einbringen geworden. Die Kapell-Musiker unterstützen die Kinder, musizieren mit ihnen gemeinsam und helfen im Unterricht, im Gegenzug wird die Semperoper zum Probenbesuch geöffnet. Der Name ist eben Programm: »Musaik – Grenzenlos musizieren«.