Was haben wir in diesem Hause nicht alles erlebt! Tanz und Theater, Begegnungen – ein Haus voller Geschichte(n). Ein über die Jahre lebendiges Haus, das plötzlich wie zum Sterben verurteilt gewesen ist. Stille, Leere, schlimmstenfalls der Ausverkauf schwebten als drohendes Schicksal über der Villa Bautzner Straße 107.
Falls Ihnen diese Adresse nicht sofort etwas sagt, mit dem Begriff »kleine szene« können Sie gewiss etwas anfangen. Unter diesem Namen war das Haus eine kleine, aber feine Außenstelle der großen Semperoper am Theaterplatz. Als aus einer dortigen Probebühne aber erst »Semper 2« wurde, woraus dann etwas später nach Umbau und Ortswechsel »Semper Zwei« geworden ist, war das zumindest öffentliche Aus für die Bautzner 107 besiegelt.
Die überaus reiche und von Verworrenheiten nicht freie Geschichte des Hauses ist damit freilich nicht auszumerzen gewesen. Darauf haben sich einige Persönlichkeiten dieser Stadt besonnen mit dem Ziel, den kulturellen Geist des Ortes am Leben zu erhalten beziehungsweise ihn erst einmal wieder zu revitalisieren. Immerhin hat die Tänzerin und Choreografin Mary Widman in diesem Gebäude gelebt und unterrichtet. Die Wigman-Tanzschule hat weit, weit über Dresdens und Deutschlands Grenzen hinaus für Aufsehen gesorgt und fruchtbare Folgen bis heute gehabt. Grund genug also für einige von dieser besonderen Historie enthusiasmierte Menschen, 2016 den Verein Villa Wigman für Tanz e.V. ins Leben zu rufen und sich in ihm stark zu machen für einen öffentlichkeitswirksamen Erhalt des Hauses. Nach zähem Ringen und heftiger Überzeugungsarbeit gibt es nun einen wichtigen Erfolg zu vermelden: Der Stadtrat von Dresden hat Ende Mai in einer Sondersitzung zugestimmt, mit dem Verein einen Erbbaurechtsvertrag für die Villa abzuschließen.
Wesentliches Ziel dieser Ambitionen ist es, das Nutzungskonzept des Vereins Villa Wigman umzusetzen und dem inzwischen rechtssicher erworbenen Haus somit eine kulturelle Nutzung auch für die Zukunft zu sichern. Inzwischen sind langfristige Planung für die weitere Nutzung in Arbeit. Bereits an diesem Wochenende soll ein »Silent Wigman Walk« vom Albertplatz an die Elbe erfolgen, um mit Performance-Künstlerinnen und -Künstlern auf Lebens- und Arbeitsstationen von Mary Wigman aufmerksam zu machen. Der in Hellerau stattfindende Tanzkongress bietet beste Rahmenbedingungen für ein solches Unterfangen. Denn was wären derartige Aktionen ohne öffentliche Wahrnehmung? Möglicherweise kommen sie gerade noch rechtzeitig vor der drohenden Landtagswahl.
Was werden wir in diesem Haus wohl noch alles erleben können?