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Die Oboe, ein »Fest für’s Leben«

Jedes Ding will seinen Namen haben. Ob nun »Oboenfest« der beste Titel für ein mehrtägiges Arbeitstreffen mit Meisterklassen, Workshops, einer Ausstellung und einem Professorenkonzert ist, sei dahingestellt. Wichtig ist einzig der Inhalt. Und der ist auch beim 4. Oboenfest der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber absolut sehens- wie hörenswert.

Professorin Céline Moinet, im Hauptberuf bekanntlich Solo-Oboistin der Sächsischen Staatskapelle, hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet und ein stimmiges Programm entwickelt. Das richtet sich nicht nur an die Studierenden ihrer Klasse, sondern ist offen auch für interessiertes Publikum. Schauen Sie doch mal rein, um Neues zu erfahren von diesem einzigartigen Holzblasinstrument mit seinen 23 Löchern und dem unnachahmlichen Klang. Sie können sich über den Bau der Oboe ebenso informieren wie über die Herstellung des als Rohr bezeichneten Mundstücks. Eine Ausstellung des renommierten Instrumentenbauers Marigaux sollte nicht verpasst werden.

Vor allem aber geht es natürlich um die Studentinnen und Studenten, die mit diesem Instrument einmal ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Céline Moinet hat dazu unter anderem den inzwischen längst legendären Oboisten Burkhard Glaetzner gewinnen können, nach Dresden zu kommen. Der 74jährige Musiker gilt als Inbegriff höchster Virtuosität, die er über Jahrzehnte hinweg sowohl in den Dienst Alter Musik als auch in den der Moderne gestellt hat. Er hat Ensembles wie die Gruppe Neue Musik »Hanns Eisler« ins Leben gerufen und mehr als 100 Uraufführungen aufgeführt. Zu den »Tonlagen« war er erst jüngst im März in Hellerau mit dem Goldmann-Konzert wiederzuhören, das er im Jahr 1978 (!) uraufgeführt hatte – ein umjubelter Abend für den Altmeister.

Nach seiner langjährigen Lehrtätigkeit in Berlin und Leipzig freut sich Burkhard Glaetzer auf den Dresden-Besuch: „Dieses Oboenfest an der Musikhochschule ist eine sehr schöne Idee. Sie rückt die Oboe im normalen Zyklus des Hochschulalltags für zwei Tage ganz in den Vordergrund.“

Dass die künstlerische Arbeit mit diesem feinen Instrument ein fortwährendes Fest wäre, weist der Profess allerdings von sich. „Ein Leben lang Oboe zu spielen, das ist harte Arbeit und definiert sich durch körperliche wie geistige Anstrengung, ist also nicht immer festlich. Man strebt ja nach neuen Dingen, will immerzu weitergehen. Aber wenn Arbeit einen Sinn hat, dann ist sie gewissermaßen ein Fest.“

In Dresden will Burkhard Glaetzner den Leistungsstand der Studierenden kennenlernen, wird sie zwei Tage lang unterrichten und einen Meisterkurs anbieten. Obendrein gibt es ein gemeinsames Professorenkonzert mit Céline Moinet und anderen Instrumentalisten, in dem unter anderem Musik von Jan Dismas Zelenka zu hören sein wird. Den hält Burkhard Glaetzner für den „wohl bedeutendsten Dresdner Barockkomponisten, eine der Sternstunden des Dresdner Barock!“ Außerdem gibt es natürlich einen Ausflug zur Neuen Musik, die mit dem 1968 für Burkhard Glaetzner geschriebenen »Monolog« für Oboe solo von Friedrich Schenker zu ihrem Recht kommen wird.

Ob bei diesem Oboenfest viel Bleibendes vermittelt werden kann, ist im Voraus schlecht zu sagen. Glaetzner betrachtet solch ein Kurssystem durchaus kritisch, da die Musikerausbildung stets auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Lernenden und Lehrenden beruhe. „Das ist auf einen langen Zeitraum angelegt, so dass schnelle Erfolge kaum stattfinden werden. Auch das hat sehr viel mit Arbeit zu tun.“

Zu große Erwartungen bremst er mit Diplomatie ein: „In einem so kurzen Meisterkurs kann ich methodische Grundkonzepte wahrnehmen und werde den Studierenden meine Gedanken etwa zu Interpretationsfragen nahebringen. Ansonsten kann man die Schüler nur da abholen, wo sie stehen, um zu entscheiden, was man ihnen abverlangen kann. Es wird in meinem Geschick liegen, etwas zu vermitteln, worüber die Teilnehmer nachdenken können, ohne das pädagogische Konzept des Hauses zu stören.“

Neugierig gemacht? Heute geht’s los, das Professorenkonzert startet am Samstag um 19.30 Uhr.