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Der Handreicher

Ein Polier – das ist derjenige auf der Baustelle, der die Wünsche und Nöte vor Ort kennt und sie gegenüber denen "da oben" vertritt... Fotos (c) Martin Morgenstern
Der künftige und der kommissarische Intendant des Hauses: Peter Theiler und Wolfgang Rothe (Fotos: Martin Morgenstern)

Der künftige Intendant der Sächsischen Staatsoper, Peter Theiler, hat sich heute in der Landeshauptstadt vorgestellt. Nach Gesprächen mit den Mitarbeitern des Hauses stand noch ein Journalistentermin mit der Kunstministerin auf dem Plan. Dort präsentierte sich Theiler als souveräner Netzwerker – und gab sich gleichzeitig verständnisvoll für alle Dresdner Kümmernisse.

Die Kunstministerin Eva-Maria Stange berichtete, man habe Theiler gerade noch rechtzeitig vor seinen Verhandlungen um die Vertragsverlängerung in Nürnberg „wegschnappen können“. In Dresden sei bekanntlich „eine gewisse Sensibilität beim Sprung in die Moderne“ nötig, „ohne zu sehr zu verschrecken“. In den Vorgesprächen habe sie sich überzeugen können, dass Theiler das dafür nötige Fingerspitzengefühl mitbringt. In den vergangenen Tagen hat der Intendant in spe mit Orchestermitgliedern, Vorstand, dem Chefdirigenten und vielen anderen Mitarbeitern gesprochen. Stange: „Er weiß also sehr wohl, worauf er sich mit der Semperoper einlässt.“

Aufgestöbert hat die Personalie, wie in den letzten Wochen schon berichtet wurde, der „sachkundige Headhunter“ Knut Nevermann, Stanges ehemaliger Staatssekretär. Nach den Querelen um Serge Dorny soll nun diesmal alles glatt gehen: diese Bemühung war allen Podiumsteilnehmern sichtlich und hörbar anzumerken. Rechtzeitig hat die Ministerin daher auch den Chefdirigenten der Staatskapelle in die Findung einbezogen. Der traf Theiler zum Essen, prüfte sozusagen zwischen Herz und Nierchen – und war hernach einverstanden, denn: „Peter Theiler sieht sich nicht als Einzelkämpfer, sondern vielmehr als Mannschaftsspieler, der in kollegialem Austausch die Geschicke der Semperoper führen will. Das sind gute Voraussetzungen für die Zukunft. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm.“

Den Journalisten gab es Theiler dann gleich schriftlich: ein Vernetzer will er sein, Partnerschaften und Sponsorenkontakte weiter ausbauen und die Beschaffung von Drittmitteln intensivieren. Die Sparten des Hauses will er durch Kooperationen mit anderen großen Häusern vernetzen, die stilistische Ausrichtung weiter auffächern, indem er Berührungspunkte etwa zur osmanischen Musik schafft und zeitgenössische Komponisten einbezieht. Aber auch die Vorklassik, die Musik am Hof der Wettiner, soll mithilfe von Spezialensembles wieder selbstverständlicher am Haus beheimatet sein. Dabei gelte es, so Theiler, „die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Theater und dem Orchester weiter zu entwickeln und mit der künstlerischen Arbeit vertieft in die Gesellschaft hinein zu wirken. Dazu zählt auch der Ausbau theater- und musikvermittelnder Aktivitäten für alle Bevölkerungsschichten, also auch für Senioren, Migranten und Menschen mit bildungsfernem Hintergrund. Dramaturgie- und Regiehandschriften sollen den Gegenwartsbezug des Musiktheaters und des Balletts aufzeigen und spannendes, lebendiges Theater zeigen, das zur Reflexion anregt, zu uns führt und einen Beitrag leistet zum Verständnis unserer Zeit.“

Dass all das Geld kostet – mehr Geld sicher als das Abfüttern von Touristenbusladungen mit Repertoirevorstellungen –, hat Theiler seinem Arbeitgeber, dem Freistaat, bereits signalisiert. Auch die Verpflichtung namhafter Künstler nicht nur für die Premieren, sondern für den gesamten Alltagsbetrieb hat der künftige Intendant angekündigt. „Das Haus ist eine Perle“, lobte er; „aber man muss sie auch polieren!“ Damit ist nun Eva-Maria Stange wieder am Zug: sie wird in den kommenden Haushaltsverhandlungen dafür Sorge tragen müssen, dass genügend Poliermittel zur Verfügung steht, wenn Theiler sein Amt 2018 antritt.

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