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Dresden von morgen

Dresden. Dezember 2016. Was beherrscht neben den Kulti-Querelen die lokalen Kultur-Schlagzeilen? Richtig, das Kraftwerk Mitte, das aus markenrechtlichen Gründen nicht Kulturkraftwerk genannt werden darf, es soll nächsten Freitag endlich eröffnet werden. Aber womit und für wen? Eine Umfrage hatte im Herbst ergeben, dass lediglich 31 Prozent aller Dresdnerinnen und Dresdner überhaupt schon davon gehört haben, dass auf dem Gelände gewerkelt wird! Dabei fahren doch sicherlich jeden Tag Tausende Einwohner des beschaulichen Elbstädtchens daran vorbei. Haben die sich noch nie die Frage gestellt, was dort geschieht? Immerhin werden summa summarum gut 90 Millionen Euro verbaut.

Doch nicht etwa fürs Schwarzbuch rekordverdächtiger Steuerverschwendungen soll diese Summe in den Sand gesetzt werden. Sondern – und hier ist nun endlich Aufklärung angesagt (auch wenn dieses Wort bald schon niemand mehr buchstabieren kann) – für neue Spielstätten. Für wen? Bei dieser Frage musste rund die Hälfte der Leute, die zumindest schon mal vom künftigen Kulturzentrum im ehemaligen Kraftwerk gehört hatten, schlichtweg passen. Die andere Hälfte hingegen hatte sogar schon schon zu erfahren gemeint, dass die Staatsoperette von Leuben gen Mitte ziehen wird. Dass auch das Theater Junge Generation (tjg) aus seinen maroden Räumen am Stadtrand  ein neues Domizil erhalten wird, mutmaßten nur 36 Prozent der Befragten. Dass sowohl Operette als auch tjg ins künftige Kraftzentrum der Dresdner Kultur ziehen werden, ahnten lediglich sieben Prozent (!) der befragten Dresdner.

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Gut, wir geben zu: die Diskussion um einen neuen Standort der Operette brandete schon über ein halbes Jahrhundert durch die Dresdner Blätter. Bei all den Orten, die für ein neues Haus ins Gespräch gebracht wurden, kann man schon mal den Überblick verlieren – oder die Lust, sich mit dem Thema überhaupt weiter zu beschäftigen. Unsere Titelzeichnung etwa stammt aus einer Ausgabe der »UNION« vom Oktober 1969. Sie imaginierte ein neues Operettengebäude am Postplatz und schmückte einen Text mit dem Titel „Dresden von morgen“ (s. nebenstehende Grafik). Zu Ingolf Roßbergs Zeiten in den Nuller Jahren – der damalige Oberbürgermeister ist erklärter Operettenfan – stand der Wiener Platz im Fokus; in vorangegangenen Dezennien waren verschiedene andere Standorte, die meisten innerhalb des 26er Rings, als Alternative zum Ausbau am Leubener Standort diskutiert worden.

An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, dass für die erwähnte neuerliche Umfrage nur 509 Menschen befragt worden sind. Immerhin – das kulturelle Unwissen im Tal der ahnungslos Gebliebenen ist erschreckend. Wem geben wir nun die Schuld für diese Ahnungslosigkeit, für dieses Nichtwissen? Den angeblich ja so schuldbeladenen Printmedien? Der theatereigenen Werbung? Am Stadtmarketing kann es jedenfalls nicht liegen: die Dresden Marketing GmbH (DMG) fühlt sich für Marketing innerhalb der sie finanzierenden Stadt Dresden gar nicht zuständig. Die Redaktion von »Musik in Dresden« hebt leise die Hände gen Himmel. Wir haben es euch doch schon vor Jahren gesagt.

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