Scroll Top

Glutvolle »Carmen« begeistert auf dem Leubener Catwalk

“Brüh im Lichte dieses Glückes”: Kinga Dobay (Fotos: K.-U. Schulte-Bunert)

Das Allerbeste dieser Freitagspremiere am Leubener Haus gleich zuerst: Kinga Dobay ist eine überragende, eine anmutige, eine glutvoll singende, eine großartige Verkörperung dieser rätselhaften Zigeunerin Carmen. Die

Siebenbürgenerin debütierte noch während ihres Studiums in dieser Rolle (unter Yakov Kreizberg), sang die “Carmen” später unter Myung Whun Chung in Japan und weiß also, wie man Spanierherzen verführt. Dobay trägt diese Oper, sie zieht von Bild zu Bild und reißt ihre Kollegen mit. Markus Petsch (Don José) leistet sich zwar über lange Strecken stimmliche Schwächen, wächst aber im finalen Zweikampf mit ihr über sich hinaus. Einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen auch Jessica Glatte als verschmähte Micaëla und Marcus Günzel als der feine Gauner Dancairo. Im Orchester der Staatsoperette erblühen so manche feinsilbrigen Soli in den Holzbläsern oder den charakteristisch ausgefeilten Celli. Von einigen rumpligen Momenten abgesehen, hält sich auch der Chor (Einstudierung: Thomas Runge) ganz vorzüglich und hat die fiesen, schnellen Stellen unter Ernst Theis’ lebhaftem Dirigat gut im Griff.

In Spanien, denkt man, ist es heiß… Deswegen werden die Zigaretten meist auf nackten Schenkeln gedreht. Carmen II (Melanie Forgeron) trägt noch was drüber.

Leise Zweifel kommen dagegen ob der Ausstattung der Oper auf. Die Idee mit dem Catwalk auf der Drehbühne ist solide und funktioniert schlüssig als schmaler Gebirgspfad, als lange Sherry-Bar beim gutmütig verschnarchten Wirt (Jochen Staudinger) und eben als Straßenstrich vor der Zigarettenfabrik, auf dem sich die Arbeiterinnen (die Choristen im Fummel, die Tänzerinnen in knapper Unterwäsche) für die Soldateska produzieren dürfen. Aber dass das metallene Bühnengestell vielstimmig ächzt und knarzt, stört besonders bei den leisen Stellen; überhaupt sehen die Bühnenaufbauten sehr nach biederem Schülertheater aus. Und bei aller Liebe zum großen Gefühl: der Schicksalsstier mit Glitzerhorn (Radek Stopka), der der Protagonistin wieder und wieder hohläugig-unheildräuend erscheint, ist Winfried Schneider in seiner sonst sympathisch unpathetischen Konzeption offenbar irgendwie entglitten.

Martin Morgenstern

Nächste Vorstellungen:
2. Premiere am 25. April 2009; danach am 26., 28., 29. April; 14., 15. Mai; 13., 14. Juni 2009. Die Karten können u.a. online bestellt werden.