
Knabenchöre gibt’s viele, auch und gerade in Dresden. Dass es dort neben dem weltberühmten Kreuzchor und beispielsweise den Dresdner Kapellknaben aber auch explizite Mädchenchöre gibt, ist vielleicht etwas weniger bekannt. Dabei besteht der Dresdner Mädchenchor sogar schon seit sechs Jahrzehnten und feiert am Abend des 20. Dezember sein Jubiläum mit einem großen Weihnachtskonzert in der Lukaskirche.
Claudia Sebastian-Bertsch leitet diesen Chor seit 36 Jahren, eine womöglich rekordverdächtigen lange Zeit, bekam ihn bereits als 22jährige Studentin angetragen und hat ihn – wenn auch voller Respekt vor dieser Aufgabe – sehr gern übernommen. »Der Chor wurde 1965 als Kinder- und Jugendchor am damaligen Pionierpalast gegründet, konnte über die Wende hinweg erhalten werden. Aber nachdem dann überhaupt kein Junge mehr vor mir saß, hab’ ich gefragt, wieso heißen wir nicht eigentlich Mädchenchor?« Und schon stand der heutige Name des Chores fest, der sich über mangelndes Interesse bis heute nicht zu beklagen braucht. Aktuell singen 59 Mädchen im Konzertchor und weitere 18 im sogenannten Vorbereitungschor. Darüber hinaus gibt es seit 2002 das Ensemble VOCALISA Dresden mit zumeist ehemaligen Sängerinnen des Mädchenchors, die ihre Lust am gemeinsamen Singen auch weiterhin ausüben wollten.
Allein diese Kontinuität beweist schon die große, verbindende Freude am gemeinsamen Gesang. Die 15jährige Alma kann geradezu ein Lied davon singen: »Die Gemeinschaft ist einfach unvergleichlich. Wenn man montags und donnerstags da reinkommt, spürt man sofort eine große Herzlichkeit, eine angenehme Stimmung. Dann ist das gleich eine ganz andere Stimmung.«
Aller Anfang ist natürlich schwer, auch beim Singen im Chor. Dda geht es um Stimme, Stimmbildung, Tonhöhe und Rhythmik. Chorleiterin Sebastian-Bertsch legt auf diese Grundlagen großen Wert: »Wir singen nicht vom Blatt, wir orientieren uns am Blatt. Es ist ein großes Glück, dass viele Mädchen ein Instrument spielen oder auch die Schulungen nutzen, sich stimmlich weiterbilden am Heinrich Schütz-Konservatorium.«
Diesem Haus sind der Dresdner Mädchenchor und auch das VOCALISA-Ensemble seit langem angegliedert. Claudia Sebastian-Bertsch hat hier in jungen Jahren schon ihre Erfüllung gefunden: »Ich habe in Dresden studiert, zunächst Klarinette, und dann schon am Ende des Studiums meinen Traum verwirklichen können, Chorleiterin zu werden. Als mir die Leitung des Mädchenchors angetragen wurde, war ich erst skeptisch, ob ich das wohl bewältigen könne.« Sie war mit dem Metier allerdings bestens vertraut, da schon ihre Mutter über Jahre hinweg viele Jugendchöre geleitet hat. Das sind Erfahrungen, die beim Dresdner Mädchenchor sehr gut ankommen. Alma, jetzt 10. Klasse, ist nun seit sieben Jahren mit dabei und schwärmt von der langjährigen Chorleiterin: »Es ist einfach so angenehm, mit ihr Proben und Auftritte zu haben. Sie lächelt einen an, sie motiviert und man weiß, wenn man unsicher ist, irgendwie wird einem geholfen werden.«
Zwei große Konzerte sind die Höhepunkte in jedem Jahr, eins im Frühjahr, eins zur Weihnachtszeit. Hinzu kommen verschiedene Anfragen, etwa in Seniorenheimen sowie bei Unternehmen und nicht zuletzt in Sachsens Staatskanzlei. Als Claudia Sebastian-Bertsch auf eine Ausstellungseröffnung in der Gemäldegalerie Alte Meister verweist, kommt Alma ins Schwärmen: »Mit dem Blick auf die Sixtinische Madonna gerade aus „Du herrlich Bild“ zu singen, das war etwas ganz Besonderes.«
Selbstredend gehören auch die Veranstaltungen des Heinrich Schütz-Konservatoriums zu den Tätigkeitsfeldern des Mädchenchores. Das Weihnachts- und Jubiläumskonzert, mit dem sich Claudia Sebastian-Bertsch vom Dresdner Mädchenchor verabschieden wird, beinhaltet ein breites Programm: Neben neun Weihnachtsliedern wird Repertoire aus den vergangenen Jahren zu hören sein, all das, was das Publikum gern hört. In dessen Reihen dann auch zahlreiche ehemalige Mitglieder des Chores sitzen werden. »Da bringen wir natürlich die wichtigsten und schönsten Stücke unserer Laufbahn«, ergänzt Claudia Sebastian-Bertsch, die angesichts ihres Abschieds auch ein klein wenig stolz klingen darf: »Haltet den Chor aufrecht. Es ist ein toller Chor, den ich da übergeben kann.«
Jubiläumskonzert
20. Dezember 2025, 17 Uhr
Lukaskirche Dresden
Eintritt: 12€ / 6€ erm. (Restkarten an der Abendkasse)