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„Hat die Stadt Angst davor, dass sich der Umbau des Kulturpalastes als zu teuer entpuppen könnte?“ – Ein Gastbeitrag von Harald Baumann-Haske

Die Äußerungen prominenter Musiker wie Hartmut Haenchen und Kurt Masur zu Wunsch und Wirklichkeit eines neuen Dresdner Konzerthauses haben die Diskussion um den Umbau des Kulturpalastes kürzlich noch einmal belebt. Viele Dresdner sind nun gespannt, welche Mehrheiten sich im neuen Stadtrat finden werden, um den Einbau eines neuen Konzertsaals in den Kulturpalast oder – als Alternative, die z.B. die FDP-Fraktion anstrebt – den Bau eines neuen Konzerthauses weiter voranzutreiben. Der Präsident der Gesellschaft "Freunde der Dresdner Musikfestspiele" e.V., Harald Baumann-Hasske, nimmt in seinem Gastbeitrag für »Musik in Dresden« noch einmal unter finanziellen Gesichtspunkten Bezug auf eine kürzlich in Dresdner Tageszeitungen veröffentlichte Anzeige der Dresdner Philharmonie. Ob die von Jan Vogler kürzlich im Gespräch angemahnte "Verständigung" aller kulturell engagierten Dresdner damit befördert werden kann?

Der Neubau eines Konzerthauses ist finanziell die vernünftigere Lösung für Dresden. Zu den Kosten für einen Umbau des Kulturpalastes kämen nämlich die Kosten für einen Umbau der Messe für die verdrängten Unterhaltungsmusikveranstaltungen. An beiden Spielstätten wären die Betriebskosten immens, im Kulturpalast wegen der geringeren Quersubventionierung durch Großveranstaltungen der Unterhaltungsmusik, in der Messe wegen fehlender Auslastung und geringer Attraktivität. Dagegen müsste der Kulturpalast beim Neubau eines Konzerthauses nur behutsam saniert und könnte ohne die Philharmonie kostendeckend betrieben werden. Die Kosten für einen Konzerthaus-Neubau würden die bisherigen Kostenschätzungen für den Kulti-Umbau allenfalls geringfügig übersteigen. Hinzu kommt, dass der so gewonnene Publikumsmagnet auch Hotelbetten füllt und Kaufkraft nach Dresden zieht. Außerdem ist der Freistaat nach mehrfachen öffentlichen Äußerungen von Frau Staatsministerin Stange sehr wohl bereit, sich auch an der Finanzierung zu beteiligen, wenn denn die Zahlen stimmen. Das haben wir selbst von ihr wiederholt bestätigt bekommen. Die Zahlen seriös zu überprüfen, wäre Aufgabe einer Machbarkeitsstudie, der sich die Stadt derzeit leider verweigert. Hat man Angst davor, dass sich die hier vertretenen Fakten bewahrheiten und damit die Notlösung sich auch noch als zu teuer entpuppen könnte?

Zweitens würde der geplante Umbau sehr wohl nicht nur den Charakter, sondern auch die Eignung des jetzigen Saales als Mehrzwecksaal zerstören. Schon die sicher sehr optimistischen Schätzungen der Stadtverwaltung gehen davon aus, dass jedenfalls 15% der bisherigen U-Musik-Veranstaltungen technisch unmöglich werden, weil durch den geplanten Einzug der Bibliothek die Seitenbühnen wegfallen. Verschwiegen wird, dass für die verbleibenden 85% der bisher durchgeführten U-Musik-Veranstaltungen nicht mehr 2400, sondern nur noch 1800 Plätze zur Verfügung stehen werden. Bei gleichen Veranstaltungskosten muss also jeder Besucher 25% mehr bezahlen, um die Rentabilität der Veranstaltungen zu gewährleisten. Das versetzt den meisten dieser Veranstaltungen den Todesstoß, selbst wenn sie im Ambiente eines reinen Konzertsaales möglich wären. Man muss nur den Konzertbetrieb des Leipziger Gewandhauses mit dem des heutigen Kulturpalastes vergleichen, um die Argumentation vom „Kulturpalast WIRKLICH für alle!“ als Selbsttäuschung zu entlarven.

Kurt Masur – früherer Chef- und heutiger Ehrendirigent der Philharmonie – hat für das Leipziger Gewandhausorchester nicht mit der Renovierung der Kongresshalle am Zoo vorlieb genommen, sondern 1981 den Neubau des „dritten“ Gewandhauses am Augustusplatz erkämpft. Die Vision eines Neubaus diesen Formats war im damaligen Leipzig sicher um einiges schwerer durchzusetzen, als es das Projekt eines Konzerthauses unter den heutigen Rahmenbedingungen in Dresden wäre. Es würde besser zu ihm passen, wenn er – auch im Interesse der Philharmonie – auch heute wieder für die Vision einer erstklassigen Lösung kämpfen würde, statt sie – resigniert worüber? – als Träumerei abzutun. Die Angst vor endlosen Dresdner Diskussionen wird sich als unbegründet erweisen. Die konkreten Planungen der Stadt – und darin liegt ein Verdienst – haben die aktuelle Diskussion soweit ins Rollen gebracht, dass im Ergebnis einer Machbarkeitsstudie auch die Beteiligung des Freistaates an einem Neuen Konzerthaus und damit die wahre Erfüllung des langgehegten Traumes Dresdner Musikfreunde als möglich erscheint. Fällt die Machbarkeitsstudie negativ aus, kann man immer noch den Kulturpalast umbauen, um die Philharmonie endlich aus ihrer Misere zu befreien. Wird er umgebaut, wird Dresden ein wirkliches Konzerthaus allerdings wohl nie bekommen und die Freunde der Unterhaltungsmusik ihr Domizil im Zentrum der Stadt im Wesentlichen verlieren.

Harald Baumann-Hasske