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„Uuuups… das hätte nicht passieren dürfen.“

Alles geht baden. Und Tillich geht stiften. Seit Jahren nun schon wurde das ach so freistaatliche Sachsenland von keiner Jahrhundertflut mehr gewässert, das muss doch irgendwem auffallen! Da muss es doch Konsequenzen geben! Es gab sie aber erst, nachdem sich das Volk vielstimmig verwählt hatte. Der Osterreiter aus der Oberlausitz kündigte daraufhin seinen Rückzug an. Das ist irgendwie bühnenreif gewesen. Aber warum musste er, ein Missverständnis in seinem Amt, die Serie der mit „König“ und „Landesmutter“ angetretenen Fehlbesetzungen noch mit einem weiteren Missverständnis fortzusetzen vorschlagen? Oder sah er gar erst nach der eitlen Schimpfe vom Chiemsee ein, dass es nun an der Zeit wäre…? Stoff für eine Operette ist das mindestens. Wie war doch der Titel der lange angekündigten, aber nie realisierten Uraufführung am Haus? »Der Frauenministerin«? Die Weinstein Company hatte sich schon nach den Filmrechten erkundigt, hört man.

Just in diesen so fragwürdigen Erkenntnisprozess hinein platzte die Flut an Dresdens Staatsoperette. Also die Flutung von deren Bühne während einer Brandschutzübung. So etwas findet regelmäßig statt und ist vom Bauherren und Immobilieninhaber so vorgesehen. Leider hatte ein Mitarbeiter einen Blackout und sich ebenfalls verwählt. Nun, wenn flächendeckend ein U für ein X vorgemacht werden kann, wundert es kaum, dass die Stellschrauben für „Wasser marsch!“ und Trockentest auch mal verwechselt werden. In jedem Fall wird es nun teuer. Inzwischen ist von fünf Millionen Euro Schaden die Rede. Es wurde aber, so hieß es, „mit Hochdruck“ (sic!) an einer Übergangslösung gearbeitet. Die Operette ist auf der Suche nach Ausweichspielstätten nun unter anderem im Kulturpalast untergekommen. „Ich lade gern zu Gast mich ein…“, hieß das nicht so oder so ähnlich in der »Fledermaus«? Jedenfalls goutiert das Publikum die Idee; das Konzert morgen Vormittag ist ausverkauft.

Mit dem Blick nach vorn wurde nun trotz unfreiwilliger Schließung der erst vor wenigen Monaten im einstigen Kraftwerk Mitte eröffneten Staatsoperette die neue Intendantin dieses Hauses gekürt. Momentan könnte sie auch Kapitänin genannt werden, dabei muss sie das Krisenmanagement des verwässerten Hauses noch gar nicht selbst steuern. Kathrin Kondaurow war von der Findungskommission noch kaum auserkoren, schon meldete Kommissionsmitglied Wilfried Krätzschmar in einem offenen Brief an Dresdner Tageszeitungen herbe Kritik an. Sie sei zu jung und zu unerfahren für dieses Amt. Also – so geht sächsisch! Demokratie gern, aber zu den richtigen Entscheidungen (männlich, alt, Dresden-erfahren, ‚einer von hier‘) sollte sie bitte schon gelangen. Ansonsten „macht doch euer’n Dreck alleene!“ Wir dürfen vermuten: in Vorbereitung auf ihre Rolle am Haus hat Frau Kondaurow »Die Unschuld vom Lande« nur gespielt. Sie wird der anderen Löwin des Hauses das Feld sicher nicht kampflos überlassen und hoffentlich auch mit dem verklemmten Sexismus früherer Tage endlich aufräumen. Gerade dieses Genre, dieses Haus, dieses Ensemble hat eine junge, mutige Intendantin verdient.

Immerhin beweist das Web-Team der Operette in diesen angespannten Zeiten Humor. Klickt man, aus dem Veranstaltungskalender kommend, auf das große „SO!“ im Kopf der Seite, erscheint schlicht der zähneknirschende Text: „Uuups ….das hätte nicht passieren dürfen.“ Ist damit jetzt die große Flut oder die Entscheidung der Auswahlkommission gemeint?