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»Semper 21«

Erst kommt die Wahl, dann die Entscheidung. Das kulturelle Ministerium hat es so festgelegt. Ganz gewiss nicht ohne Rücksprache mit dem christlichen Kabinett. Die freistaatliche Wahl wurde bekanntlich in die sächsischen Sommerferien gelegt, vulgo: Ins Sommerloch gesteckt. Wer da die Wahl hat, muss sich richtig anstrengen.

Die Freifrau aus dem Kultur- und Wissenschaftsministerium wird dann voraussichtlich nicht mehr zur Wahl stehen. Nachdem sie wesentliche Schachzüge – die Inthronisierung von Christian Thielemann zum Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle, die Bestellung eines Nachfolgeintendanten sowie dessen kurzfristige Enthauptung, will sagen: Absetzung – ausgelöst hatte, verlässt sie – ganz Dame – das Spielfeld. Soll sich der sorbische Kleinstkönig doch selber um Nachfolgen kümmern.

Vielleicht kommen die schon viel schneller als gedacht: Besser als ein teuer geschasster Bahnchef wie Hartmut Mehdorn kann niemand sonst etwas so schlecht machen wie er. Nur schade, dass es einhundert Jahre nach den berühmten „Rosenkavalier“-Zügen heute keinen nennenswerten Bahnanschluss zwischen Berlin und Dresden mehr gibt. Politiker haben zwar auch auf diesem Gebiet alles mögliche versprochen – aber sie haben sich eben auch da nur versprochen. Beziehungsweise gelogen.

Kann also sein, dass Mehdorn abwinkt und auch in Sachen Hochkultur und Strauss-Nachfolge nicht auf dem preußischen Abstellgleis gen Sachsen pendeln mag. Von Berlin kommt er wohl sowieso auf Lebenszeit nicht los, sollte er mit einem Start Richtung Semperoper wirklich warten wollen, bis der Größtflughafen Berlin-Brandt-Brandenburg jemals fertig werden wird. Eher setzt einer wie er geltende Nachtflugverbote außer Kraft, als dass er Interessenkonflikte in einem Dreispartenhaus schlichtet.

Es gibt aber zum großen Glück noch eine viel billigere Alternative: Hans-Joachim Frey, frisch gekündigter Semperopernball-Impresario, er könnte künftig jeden Tag Ball spielen. Das Winke-Winke-Volk würde er auf dem Theaterplatz dümmlich bespaßen, alle anderen melkt er im Opernhaus und behängt sie mit KGB-Orden. Das wäre das Spiel zum Krieg zur Oper zum Ernstfall. Frau von Schorlemer, übernehmen Sie? Wenn nicht, müssten wir das dem in peinlichsten Stolpe-Tiefensee-Ramsauer-Traditionen stehenden Verkehrtminister Dobrindt überlassen. Aber wer kann das schon wollen?! Semper 21 sicherlich nicht.

Aber jetzt ist erst einmal Frühling. Friedenspflicht, bis nächsten Freitag –
Michael Ernst