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„Kiss Me, Cole!“ zieht in die Operette um

Ein falsches Traumpaar: Christian Grygas, Susanna Panzner

In der Komödie sorgte die Cole-Porter-Revue für ausverkaufte Abende; nun zieht sie nach Leuben um. Die Lokal-Premiere im Stammhaus brauchte jedoch ein wenig, um in die Gänge zu kommen. Viele

Versprecher in den verbindenden Texten (die nur selten aus der gestelzten, immer etwas hölzern wirkenden Gangart hochschalten), mehrere Stolperer in den Choreografien: Das können die besser!, dachte wohl mancher im wie üblich ausverkauften Haus. Der Szenenapplaus am Anfang daher eher schütter; erst im Teil nach der Pause gings richtig rund.

Sichtbaren Spaß hatten Marcus Günzel und Mandy Garbrecht an ihrer verklemmten Broadway-Nummer “Let’s do it” und zuletzt das gesamte Ensemble am “Heaven hop”. Der allseits besungene Esprit wurde jedoch streckenweise nur äußerst sparsam dosiert; die fürchterlich kitschige Steptanzeinlage (Elke Kottmair, Radek Stopka) wäre wohl der erste Streichkandidat in der mit fast zweieinhalb Stunden recht umfangreichen Revue.

“Das können die besser”: Bettina Weichert und das Staatsoperetten-Ballett

Mithin hätte dem Stück ein beherztes Ausbürsten beim Umzug gut getan. Technische, inszenatorische und interpretatorische Fragen, die sich schon in der Komödie stellten, sind nach wie vor ungelöst. Die Verstärkung der routinierten “eastside BIGBAND” ist unausgeglichen (das Klarinettensolo im ersten Teil geht schlicht unter). Christian Grygas gibt sein verschämtes “So-tun-als-ob” am Klavier glücklicherweise recht bald auf; trotzdem fragt man sich, ob er sich die paar Akkorde nicht inzwischen hätte aneignen können – zumal die ein oder andere falsche Note der Szene, in der Porter an einem neuen Song tüftelt, durchaus gutgetan hätte. Sprachlich changiert die Aufführung relativ chaotisch zwischen charmantem Broadway-Slang und dem üblichen Londoner Musical-Dialekt. Solche Nachlässigkeiten ist man sonst weder von Winfried Schneider, der für Inszenierung und Choreografie verantwortlich zeichnet, noch von Chefdramaturg André Meyer gewöhnt. (Dass dessen Programmheftbeiträge offenbar zu großen Teilen dem Artikel einer populären Internet-Enzyklopädie entstammen, sollte vielleicht im Heft angemerkt sein.)

Fotos (3): Olaf Hais

Wenn da nicht eine geschickte dramaturgische Wende dem Stück kurz vor Schluss noch einmal atemlose Spannung bescherte! Ganz so platt, ganz so oberflächlich, wie uns das seichte Geplänkel über Männer, Frauen, Alkohol, Sehnsucht und Rettung den Abend lang glauben machen will (Texte: Wolfgang Adenberg), war das Leben des schwulen und zum Lebensende offenbar akut suizidgefährdeten Harvard-Absolventen Cole Porter nämlich nicht.

Martin Morgenstern

Weitere Aufführungen:
30.12.2008, 19.30 Uhr
31.12.2008, 14.30 und 19 Uhr
17.01.2009, 19 Uhr
18.01.2009, 15 Uhr