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Die Welt muss doch zu retten sein!

Peter Konwitschny bei seinem Antrittsvortrag (Foto: Swen Reichhold)

„Ändere die Welt, sie braucht es“ – hoher Anspruch, dem wohl kaum wer widersprechen kann. Mit diesen hehren Worten war ein Empfang im Leipziger Rathaus geschmückt, der dem Regisseur Peter Konwitschny und seiner ersten Bertolt-Brecht-Gastprofessur der Stadt Leipzig am Centre of Competence for Theatre (CCT) der Universität Leipzig galt. Der Vorgeschichten dazu gibt es einige. Brecht und Leipzig? Das geht mindestens auf zwei Uraufführungen zurück. Zunächst seinen Erstling „Baal“ Ende 1923, der im Alten Theater über die Bühne ging. Vor allem aber ist der von den Nazis provozierte Skandal um die Uraufführung der mit Kurt Weill geschaffenen Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ unvergessen geblieben.

Brecht und Konwitschny? Nun, der 1945 in Frankfurt/Main geborene Sohn des einstigen Gewandhauskapellmeisters Franz Konwitschny wirkte jahrelang am Berliner Ensemble, bekam durch Zeitzeugen und enge Weggefährten Brechts weit mehr als nur einen Hauch Dialektik mit, nicht zuletzt auch durch Ruth Berghaus das Gespür für den genauen, den scharfen Blick.
Konwitschny und Leipzig? Da muss nicht lang nachgedacht werden, er wuchs in dieser Stadt auf, hat sie in den 1990er Jahren mit unvergesslichen Operninszenierungen („La bohème“, „Eugen Onegin“, „Herzog Blaubarts Burg“ u.v.a.) beglückt, wurde später gar Chefregisseur der Oper und blieb bei Bürokratikern nachhaltig unverstanden. „Finsterlinge“ nennt er die heute im Rückblick.

Leipzig und CCT? Tja, auch das hat eine Vorgeschichte, und die reicht bis Dresden. Denn die christlich-soziale Finanzpolitik hatte einst für ratsam befunden, die Theaterwissenschaften der traditionsreichen Leipziger Universität abzuwickeln. Das Parteibeamtentum hatte allerdings nicht damit gerechnet, was für Proteste dagegen mobilisiert wurden. Statt Abwicklung entstand jedenfalls ein neues Kompetenzzentrum, das trotz des englischen Namens an die besten Traditionen anknüpfen soll.
Aus all dem Vergangenen wächst nun also etwas ganz Neues, tatkräftig und auch finanziell gefördert von der Stadt, eben dies ist die Bertolt-Brecht-Gastprofessur. Ihr erster Inhaber ist Peter Konwitschny. In Dresden hat er sich unvergessen gemacht mit seiner Inszenierung der „Csárdásfürstin“, darüber wird heutzutage beinahe übersehen, dass er auch eine Reihe von Opern im Semperbau herausgebracht hat. Und, so viel steht schon fest, auch in baldiger Zukunft wieder hierher zurückkehren wird.

Trotz seiner inzwischen 72 Jahre ist Peter Konwitschny unermüdlich unterwegs und an zahlreichen internationalen Bühnen gefragt. Die Brecht-Professur taktet er in dieses Pensum aber gern ein, denn er will einerseits den zu Unrecht fast vergessenen Bert Brecht wieder ins verdiente Licht rücken und zudem in dessen Geist der nachwachsenden Generation den Sinn des Theaters für die Gesellschaft vermitteln. Andererseits geht es ihm darum, ganz praxisbezogene Ausbildung zu üben. In Zusammenarbeit mit der Staatsoper Nürnberg, wo demnächst die „Soldaten“ von Bernd Alois Zimmermann in seiner Regie herauskommen werden, dürften die Studiosi neben szenischer Arbeit schon mal einen Vorgeschmack auf dieses wunderbare Berufsbild der Theaterwissenschaften genießen.

Peter Konwitschny hat ganz offensichtlich immer noch Großes vor. Seinen Anspruch formulierte er so: „Dass meine Arbeit dazu beiträgt, das Leben der Menschen auf diesem Planeten erträglicher zu machen.“