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Die da oben, die da unten

Fotos: Robert Jentzsch

Albern mit Tiefsinn ist die Methode, mit der das Team um Wolf-Dieter Gööck (Künstlerische Leitung) und Mirko Kersten (Musikalische Leitung) seine Cross-Produktionen nunmehr im siebenten Jahr ans Publikum der Serkowitzer Volksoper bringt. Ihr Volk umfasst auch jene, die normalerweise nicht in eine Oper, Operette oder Veranstaltung der hohen Künste gehen, vielleicht noch nie in einem Theater gewesen sind, aber vielleicht dadurch auf den Geschmack kommen.

Diesmal nun »ORPHEUS IN DER UNTERHOSE« – eine Fusion von Jaques Offenbach und Christoph Willibald Gluck. Dazu kommen noch Marionettenfiguren ins Spiel, was die Genres krass ineinander verrührt. Wolf-Dieter Göök, der die Dramaturgie, Textbearbeitung und Inszenierung zu bewältigen hatte, sagt zur Handlung des diesjährigen Spiels nur, wie sie angelegt ist: „Wenn man den Gluck-Orpheus und den von Offenbach zusammenschraubt, ist plötzlich alles da: hier das das antike Paar, mit dem wir mitfühlen, dessen Emotionalität uns tief berührt, und da die göttlich-olympische Dekadenz, lächerlich und monströs und empörend. Und als Kitt die eigenen Texte, welche die Brücke in unserer Erfahrungswelt schlagen“. Seinen aktuellen Zeitbezug kommentiert Göök selbst in einer hinzuerfundenen Rolle ‚Die öffentliche Meinung‘.

Über Jahre schon erfahren auf der Zirkuswagenbühne, singen die Eurydike Dorothea Wagner und den Orpheus Cornelius Uhle. Beide führen dabei wunderbar geschnitzte Tischfiguren als ihr hölzernes Ebenbild (Einstudierung: Steffi Lampe). Dramaturgisch kommt damit als zweite Ebene die der kleinen Menschen gegenüber den Göttern im hohen Olymp ins Spiel – die Oberen und die da unten. Die Gluck‘schen Protagonisten sind mit Kostümen natürlicher Jugendlichkeit gewandet, wogegen die Offenbach‘schen Götter prächtig mit Gold und Flitter aufprotzen. Warum der arme Orpheus aber eine Unterhose überziehen muss, verrät Ella Späte, im Team seit dem Vorjahr schon für Kostüme und Bühnen verantwortlich, nicht; das soll der Zuschauer selbst herausbekommen. Schon gar nicht aber wird vor dem Premierenabend preisgegeben, wie das Groteskspiel endet – happy oder unhappy! Die vier Sänger und Spieler, Marie Hänsel als Cupido ist zu noch zu nennen, verdienen größten Applaus, haben sie doch durchgezählt zehn Rollen Spiel, Gesang und Puppenführung zu geben; die Maxi-Besetzung eines Mini-Ensembles.

Mirko Kersten nennt, was er musikalisch zu arrangieren hatte, eine „kammersinfonische Werkfusion“. In seinen Worten: „Die Serkowitzer Opernwerkstatt bringt zwei Opern verschiedener Gattung in eine Form. Nicht nur dass alle – nahezu – alle Noten rein von Gluck und von Offenbach stammen – zugegeben etwas Mozart kommt dazu – nein, auch die Instrumentierung sowie die Darbietung durch ‚Musi nad Labem‘ im Einklang mit schönster Sangeskunst und gepaart mit Schnittkunst bei größtmöglich denkbarer Demut vor den Urschöpfern, bringen das Drama auf eine bequem rezipierbare Länge zurück, dabei den Horizont des klanglichen Geschehens sowohl der einen wie der anderen Vorlage erweiternd; Musikkenner werden das heraushören.“ Das Minimalorchester, bestehend aus den Musikern Mirko Kersten, leitend am Piano, Daniel Rothe und Dietrich Zöllner, ist maximal orchestriert; die Drei Herren spielen zehn Instrumente und haben dazu noch Götterauftritte als Zeus, Hera und Pluto.

Sollten an den Spielabenden die wahren Götter heroben ob der Groteske gegen ihr Regime herunten erzürnen und es entgegen den Vorhersagen sommerregnen lassen, bleiben die Zuschauer dennoch trocken. Wie schon in den vergangenen zwei Jahren bespielt die Serkowitzer Volksoper wieder den zur Bühne umgebauten Zirkuswagen der Saloppe. Davor sitzen die Zuschauer stets regensicher überdacht rundum unter freiem Himmel. Der Einlass ist eine Stunde vor Beginn, und die Spieldauer von etwa zwei Stunden mit Pause drin erlaubt, sich biergartengemäß zu versorgen an den Theken des Gartenlokals.

Premiere ist am 24. August, weitere Aufführungen 27., 31. August, 3., 7., 10. September 2017 (Beginn jeweils 19:30 Uhr). Eintritt 15/7 € zzgl. VVK-Gebühr, Abendkasse 17/9 €.