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Die Aktie Bach

Normalerweise werden an der Börse Aktien gehandelt. Da geht es um Geld und die große Wirtschaft. Nicht selten verliert jemand (alles) und größere seismographische Ausschläge in der Weltwirtschaft lassen auch gerne die Börse schwanken. Nicht so bei der Bachbörse, die das Bachfest Dresden während der Festivalzeit im September installiert hat. Denn beim 91. Bachfest der Neuen Bachgesellschaft, das in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit den Frauenkirchen-Bachtagen ein proppenvolles Programm in der Elbestadt anbietet, steht der Komponist nicht nur in den Konzerten im Mittelpunkt.

Unverrückbarer Wert: die Aktie Bach.

Die Bachbörse ist eine spannende Idee der Musikvermittlung und -initiierung, da eine Beteiligung von zwei Seiten möglich ist: Auf der einen Seite steht ein musik- und kulturliebender Mensch , der so gerne einmal seinen Flügel im Salon wieder einmal von professionellen Händen gespielt haben würde und selbstverständlich dazu Freunde und Bekannte einladen würde. Das klingt nach Hausmusik des 19. Jahrhunderts? Die Idee steckt darin, aber die Bachbörse möchte eigentlich mehr und lädt dazu ein, eigene Ideen zu verwirklichen: Bach verschenken, Bach in die Stadt bringen, Bach an einer Schule, in einem Altenheim oder einer Flüchtlingsunterkunft. Jeder, der Musik veranstalten möchte und während des Bachfestes den Thomaskantor an gewöhnliche und ungewöhnliche Orte bringen will, ist dazu eingeladen.

Doch eine Börse funktioniert nur, wenn die auch die andere Seite mitspielt. Und dort stehen die Musiker. Und das sind bekanntlich in Dresden sehr viele. Noch nicht ganz so viele haben sich bislang zur Bachbörse angemeldet, aber es ist ja auch noch ein wenig Zeit. Auch hier darf die Kreativität grenzenlos sein, vielleicht bekommt ein Student so die Gelegenheit, sein neues Konzertprogramm vor Publikum zu erproben, ein Streicher stellt seine besondere Interpretation vor, Sänger treffen sich im Quartett zum barocken Kanonieren (siehe Notenblatt!). Wer also ein Instrument spielt, eine Kammermusiktruppe um sich schart und dabei den Thomaskantor zweifellos in den Mittelpunkt seines Programms stellt – egal, ob mit Harfe, Saxophon oder Clavichord, ist aufgerufen, sich anzumelden. Einige Ensembles und Solisten freuen sich schon auf Engagements.

Die Bachbörse ist schließlich auch noch eine Einrichtung, die weit mehr erhoffen läßt als den hier nur skizzierbaren Austausch von „Ich biete dir Wohnzimmer und Flügel, Du bietest Bach“ – es geht selbstverständlich auch um ein Erleben von Gastlichkeit und Gastfreundschaft und um den musikverbindenden Aspekt. Vielleicht hat ja einer der Musiker eine schöne Geschichte parat, mag von seiner Faszination zu Johann Sebastian Bachs Werken künden, stellt den barocken Meister in kundigen Kontrast zu Zeitgenossen oder bricht gekonnt eine Stilistik, die die Hörhorizonte erweitert – nichts erscheint unmöglich.

Ganz vorsichtig haben die Initiatoren geäußert, dass die Idee ja auch durchaus Kreise weit über das Bachfest hinaus ziehen könnte. Vielleicht wird Dresden (wieder) eine Stadt, in der aus den geöffneten Fenstern Musik ertönt, überall gesungen und musiziert wird und man sich über die kleinen und großen Konzerte nicht nur kennenlernt, sondern gleich auch zur nächsten Soirée verabredet. Eine hübsche Illusion? Im September kann sie schon Wirklichkeit werden.

Bachfest Dresden, 23. September – 3. Oktober 2016
Bachbörse: http://www.bachfest-dresden.de/bachboerse/
Anmeldung und Kontakt für Musiker: Anne Jung, Mail boerse@bachfest-dresden.de

 

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