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Stille Andacht

Sophie Jaffé (Foto: PR)
Sophie Jaffé (Foto: PR)

Im Mittelpunkt des Philharmonischen Gedenkkonzerts zum 13. Februar stand dieses Jahr Benjamin Brittens Violinkonzert aus den Tagen vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Zur gleichen Zeit entstanden wie Bela Bartoks Divertimento. Vom Titel her könnte dies ein heiteres Werk sein. Aber immer wieder unterbrechen Aufschreie der Angst den lockeren Satz. Im zweiten Satz bricht dann markant das zu erwartende Inferno aus. Angst spürt man eben auch in Brittens Violinkonzert, latent in seiner melancholischen Bedrückung, die nur in den Solopassagen gelegentlich friedliche Idylle aufscheinen lässt. Die Geigerin Sophie Jaffé vermochte bei aller aktivierenden Virtuosität diesem Anliegen ausdrucksstark nahe zu kommen. Brittens Konzert war kein Violinkonzert verbindlicher Ausstrahlung, sondern ein Werk des Gedenkens jener Tage, die ahnen lassen, was von Deutschland ausgehen und dorthin zurückschlagen wird.

Michael Sanderling setzte mit dem Orchester Akzente, die dem Grundanliegen einer Bedrohung entsprachen. Der englische Komponist, drückte mit seinem War Requiem von 1961, das Coventry und Dresden gleichermaßen gedenkend zugeeignet ist, nach dem Krieg aus, was sich im Violinkonzert nur ahnungsvoll andeutete. Dem stillen Gedenken gemäß gab es keinen Beifall, der aufschrecken konnte, sondern nur jene Friedenssehnsucht aufnahm, die in den anderen Werken des Konzerts aufklangen.

Vom Amerikaner Samuel Barber gab es eine Chorfassung seines berühmten »Adagios« von 1935, das hier vom Komponisten als „Agnus dei“ getextet wurde. Der Philharmonische Chor unter Gunter Berger suchte die Wirkung des Werks auf andere Weise zum Klingen zu bringen. Das »Dona nobis pacem«, das am Ende im Schlussteil der Messe aufklingt, kam am Ende des Konzerts in einem »Dona nobis pacem« für Chor und Streicher des Letten Peteris Vasks noch einmal zur Gestaltung, nunmehr als eine sich allmählich ausbreitende Klangfläche ohne Höhepunkte, mehr Klage als Hoffnung. Ins Programm einbezogen war eine Rhapsodie für Orgel in cis-Moll, die nach drangvollen Ansätzen und verharrendem Gedenken sich schließlich in Cis-Dur löst. Kreuzorganist Holger Gehring fand als Kenner der Kreuzkirchenorgel eine Gestaltung des Werks, die dem Dresdner Gedenken wahrhaft entsprechen konnte.

Friedbert Streller