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Landesbühnentage kennen keine Grenzen

Intendant Manuel Schöbel bricht gern Grenzen auf. Er fordert sich ebenso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses – und kaum minder das Publikum. Gerade erst wurde der Spielplan für die kommende Saison an der Felsenbühne in Rathen bekanntgegeben – immerhin drei Premieren („Der Glöckner von Notre Dame“, „Winnetou I“ sowie „Schneeweißchen und Rosenrot“), um das Repertoire von „Freischütz“, „Aschenbrödel“, „Fame“ und „Carmina Burana“ kräftig zu erweitern –, schon stehen die 16. Deutschen Landesbühnentage vor der Tür. Vom 15. bis zum 29. März werden auf mehreren Spielstätten Gastspiele und Eigenproduktionen in einer Fülle präsentiert, dass es dem Publikum schon mal bunt vor Augen werden kann.

„Wenn man nicht an seine Grenzen stößt, hat man was Wesentliches nicht erlebt.“ Mit diesem Anspruch motiviert der Intendant sein Ensemble, um von Radebeul aus den sächsischen Kulturraum und darüber hinausliegende Regionen zu bespielen. Für die Theaterleute und die Elblandphilharmonie bedeutet das nochmal eine kräftige Steigerung des ohnehin schon erheblichen Energiepotentials. Partnerensembles von Schleswig-Holstein bis Schwaben werden in Sachsen zu erleben sein.

Insgesamt 20 Landesbühnen sind beim Deutschen Bühnenverein zusammengefasst. Seit 1983 – damals noch ohne die ostdeutschen Häuser – treffen sie sich aller zwei Jahre zu einer künstlerischen Leistungsschau. Dieser Austausch ist ungeheuer fruchtbar für die Beteiligten und bietet dem Publikum vor Ort eine sonst kaum so zu erlebene Breite des theatralen Angebots. Im aktuellen Jahrgang kommt die Philip-Glass-Oper „Der Untergang des Hauses Usher“ (nach E. A. Poe) vom Theater Hof, wird das Schlosstheater Neuwied mit Katja Ebstein als Schwester Marie Claire in Alex Hirschs „Sister Class“ aufwarten, gehört sogar eine Heavy-Metal-Oper mit zum Programm. Erez Yohanan und Kobi Farhi haben am Landestheater Schwaben in Memmingen ein altbiblisches Stück modernen Musiktheaters komponiert und zeigen „Kanaan. Die Geschichte Abrahams“ nun auch in Sachsen.

Die hiesigen Landesbühnen allerdings wollen sich als würdige Gastgeber erweisen und präsentieren neben dem 5. Philharmonischen Konzert der Elblandphilharmonie mit Mozarts A-Dur-Klarinettenkonzert in Klezmer-Bearbeitung (!) und der 7. Sinfonie von Allan Petterson einen Querschnitt ihres Repertoires. Da steht dann große Oper wie Verdis „Maskenball“ neben der erst kürzlich herausgekommenen Komödie „Dinner für Spinner“ von Francis Veber. Hinzu kommt als neue Premiere, die Operndirektor Jan Michael Horstmann inszenieren wird, das Musikdrama „Parthenogenesis“ des schottischen Komponisten James MacMillan. Es geht darin um die Fortpflanzung des Menschen durch Zellteilung unbefruchteter (!) Eizellen nach dem Vorbild von Jungfern in der Tierwelt. Das Gymnasium Luisenstift bietet die Bretter dafür, um so den Bogen zu einem wesentlichen Aspekt der Landesbühnentage zu schlagen: Jugendarbeit und Nachwuchspflege hat Manuel Schöbel schließlich zur Kernaufgabe erklärt.

Daher sind zum 16. Theatertreffen mit zwei Symposien von Theaterpädagogen der deutschen Landesbühnen sowie einer Arbeitsgruppe der Dramaturgischen Gesellschaft zusätzliche Programmschwerpunkte gesetzt, in denen es um Theatervermittlung geht. Nicht weniger als neun Bühnen liefern dazu eine weitere „Invasion“ und stürmen mit ihren Produktionen sowie ausgesuchten Workshops die hiesigen Klassenzimmer. Neben einer „Theater-Erfindung“ von der Jungen Landesbühne Niedersachsen Nord sind eine westfälische Mark-Twain-Adaption von „Huck Finn“ ebenso wie Goethes Erster Teil des „Faust“ aus dem mecklenburgischen Parchim mit dabei. Sogar im Kulturhaus des fernen Böhlen sowie in Freital soll mittels Schultheatertagen junge Theatergier geweckt werden.

Überwiegend jedoch finden die 16. Deutschen Landesbühnentage mit Theater für die ganze Familie im Radebeuler Stammhaus statt. Ausflüge gibt es nach Großenhain, Meißen und Wehlen sowie auf Burg Hohnstein zu einer Werkschau des neuen „Odyssee-Projektes“. Mit dieser Kulturschwemme aus Theaterspiel und Diskussionen über Weltoffenheit dürfte die gesamte Region durch dieses von Kulturraummitteln geförderte Treffen erheblich bereichert werden.

Ans Publikum wird natürlich auch unter Marketingaspekt gedacht und ein Festivalpass aufgelegt, der für 25 Euro den Besuch von fünf Veranstaltungen der Theatertage ermöglicht. Obendrein lohnt es sich, Tickets im Vorverkauf zu erwerben, denn sie gelten im gesamten VVO-Verbund als Fahrschein. Günstiger kann man knapp zwei Dutzend Theater aus ganz Deutschland wirklich nicht erleben.

 

www.landesbuehnen-sachsen.de
Programm der 16. Deutschen Landesbühnentage (Auswahl)

 

15.3. Eröffnung „Mit dem Thespiskarren auf 400 PS unterwegs)
u.a. mit Hans Zehelein, Präsident des Deutschen Bühnenvereins
17.3. „Der Untergang des Hauses Usher“ (Philip Glass)
18.3. „Sister Class“ (Alex Hirsch)
19.3. „Der Steppenwolf“ (Hermann Hesse)
20.3. „Ein Maskenball“ (Giuseppe Verdi)
21.3. „Parthenogenesis“ (James MacMillan)
21.3. „Totentanz“ (August Strindberg)
22.3. „Der Schatz im Silbersee“ (Karl May)
22.3. 5. Philharmonisches Konzert
25.3. „Neues von den Nibelungen“ (nach Friedrich Hebbel)
26.3. „Beauty Or Beast“ (nach „Die Schöne und das Biest“)
27.3. „Das Ende des Regens“ (Andrew Bovell)
29.3. „Kanaan. Die Geschichte Abrahams“ (Erez Yohanan, Kobi Farhi)