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Ohne Alice im Wunderland

Foto: Leif Federico Firnhaber

Anton Lachky ist einer der Tänzer von Les SlovaKs und hat mit „Tonoland (Mind a Gap)“ eine Arbeit geschaffen, in der er nicht nur die typisch leichtfüßige Bewegungssprache der Truppe wieder deutlich sichtbar macht. Mit Quan Bui Ngoc aus der Company von Alain Platel und Sergi Parés hat er zwei auffällig ausdrucksstarke Künstler mit ins Boot geholt. Parés bildet von den vier Rabauken den virtuosesten. Die Geschmeidigkeit und Präzision seiner Bewegungen kommen dabei auch nicht von ungefähr. Er selbst bezeichnet sich als Tanz-Akrobat – hier kann er seinem Affen Zucker geben. 

Zu Beginn trippeln die vier Tänzer im Pulk über die dunkle Bühne: ein Geräusch wie aus einem irrwitzigen Trickfilm. Sie gruppieren sich um einen nur wenige Zentimeter über dem Boden hängenden Spot wie Kinder um das Licht einer Taschenlampe. Was folgt, ist ein rasanter Trip durch ein Wunderland mit skurrilen Figuren. Es wirkt, als wolle einer den anderen an Skurrilität übertrumpfen. In einem assoziativen Vexierspiel, das sich selbst an den Rand des Tanztheaters treibt, spielt Mimik eine große Rolle. Das bekannte spöttisch-ironische Lächeln von Milan Herich ist Teil eines universellen Humors, der weit über jeglicher sprachlichen Äußerung liegt.

Peter Jaško kümmert es nicht, ob seine Füße den Dienst versagen. Einfach immer weiter. Es geht ums Unterwegssein. Wen interessiert da das Ankommen. Hier wird zweifelsfrei deutlich: Glücklich wird allein der Besessene. Sichtbar wird das in dieser Arbeit in einem unabdingbaren Drang zu körperlichem Ausdruck. Desto intensiver fällt die Leere stiller, bewegungsloser Momente aus, wenn jeglicher Ausdruck aus den Körpern verschwunden zu sein scheint. Bis zur nächsten Bewegung.

Die hemmungslosen, verspielten Frotzeleien der zu groß geratenen Buben bringen irgendwann indirekt, beabsichtigt oder nicht, die Frage nach der Frau bzw. deren Absenz in den Blick. Wie sich diese einordnen lässt zeigt sich, als Parés völlig debil über die Bühne wankt. Genau in jener Szene wendet sich ein Mann im Publikum seiner weiblichen Begleitung mit den Worten zu: „Wir Männer sind was Wunderbares, gell.“ Kann man wohl so sagen – am Frauentag.

Rico Stehfest