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Parsifal im Tal der Ahnungslosen

Richard Wagner (Foto: Elliott & Fry, Semper-Archiv)

„Richard Wagner und Dresden“ heißt das Thema eines Internationalen Symposiums, das vom 24. bis 27. Januar durch die Professur für Musikwissenschaft der TU Dresden in Verbindung mit Sächsischer Staatskapelle, Staatsoper, Musikhochschule Carl Maria von Weber und der Sächsischen Akademie der Künste ausgerichtet werden soll. Vier Tage lang werden namhafte Experten vor allem die Dresdner Jahre des Meisters aus Leipzig umkreisen.

Da dürfte das künstlerisch-geistige Klima der einstigen Residenzstadt im 19. Jahrhundert beleuchtet werden, in der Richard Wagner 1842 immerhin seine Opern „Rienzi“ und kein halbes Jahr später „Der fliegende Holländer“ uraufführen konnte, wo er ab 1843 Hofkapellmeister „auf Lebenszeit“ wurde, eine enge Freundschaft mit Gottfried Semper schloss und Anfang 1849 wegen seiner Beteiligung an den Mai-Aufständen Hals über Kopf fliehen musste. Der Musiker wurde per Steckbrief gesucht, verlor seine Anstellung aus „disziplinarischen“ Gründen (wegen der erzwungenen Flucht konnte er nicht zum Dienst erscheinen) und kehrte schließlich nie wieder in höfische Dienste zurück.

Mit Friedrich Dieckmann und Peter Gülke kommen am ersten Tag des Symposiums zwei ausgewiesene Kenner der Wagner-Materie zu Wort, wobei Akademie-Präsident Gülke auch als Praktiker dirigentische Erfahrungen im Umgang mit Wagners Klangkosmos besitzt. Neben grundsätzlichen Themen, die sich Richard Wagner und der Königlichen Musikalischen Kapelle sowie seinem Dresdner Schaffen als Komponist widmen, sind auch ganz spezielle Vorträge zu erwarten, die auf Detailwissen gründen. Peter Damm beispielsweise wird über den Einsatz des Ventilhorns bei Wagner bis zu dessen „Lohengrin“ sprechen, Ortrun Landmann geht auf die „Idealvorstellungen von der Kapellentwicklung und deren spätere Realisierung“ ein.

Explizit werden die in Dresden entstandenen bzw. aufgeführten Opern besprochen, sollen die Leitmotivik und Instrumentationen Wagners erörtert werden, wird der Marburger Wissenschaftler Lothar Schmidt Wagners Dresdner Schriften analysieren und dürfen interessante Aspekte zur heutigen Wagner-Interpretation erwartet werden. Interdisziplinäre Vorträge und Rundtischgespräche mit in Dresden wirkenden Wissenschaftlern wie Michael Heinemann und Wolfgang Mende, mit Praktikern wie der Dramaturgin Hella Bartnig, der Sängerin Evelyn Herlitzius und dem Flötisten Eckart Haupt sowie dem langjährigen FAZ-Kritiker Gerhard R. Koch versprechen ein ebenso anregendes wie abwechslungsreiches Wochenende in Sachen Richard Wagner.

Im Rahmen dieses gewiss wortgewaltigen Symposiums soll natürlich auch die Musik nicht zu kurz kommen, so wird am Samstag Abend das Konzert „Wagner & Folgen“ im Konzertsaal der Musikhochschule unter Leitung von Rektor Ekkehard Klemm wiederholt. Auf dem Programm stehen neben Wagners „Siegfried-Idyll“ auch dessen Wesendonck-Lieder (in der Fassung von Hans Werner Henze) sowie Werke von Claude Debussy, Franz Liszt und Witold Lutoslawski, einem weiteren Jubilar im Musikkalender 2013.

„Richard Wagner und Dresden“ – Internationales Symposion (24.-27.1.2013)
Tagungsgebühr gesamt 20,- Euro, für einen Tag 10,- Euro; Studenten frei
Eintrittskarten sind während der Tagung im Blockhaus erhältlich. 

 

Programm

Donnerstag, 24.1.2013
Dr. h.c. Friedrich Dieckmann, Berlin: Schwanenrätsel / Wagners Schwester in Wagners Werken 
Dr. Richard Klein, Horben: Das Weltenfinale, das keines ist. Zeiterfahrung im III. Akt der Götterdämmerung
Prof. Dr. Udo Bermbach, Hamburg: „Nachschöpferische Aneignung der lebendigen Idee“ – Aspekte von Chamberlains Wagner-Rezeption
Prof. Dr. Peter Gülke, Berlin: Wagners Dresdner Jahre als Quellgrund und Wegweiser für alles Folgende

Freitag, 25.1.2013
Symposion: Wagner in Dresden – Wagner und Dresden
1. WAGNER UND DAS KÜNSTLERISCH-GEISTIGE DRESDEN
Prof. Dr. Helmut Loos, Leipzig: Wagner und Mendelssohn? Antipoden künstlerisch und persönlich
Dr. Thomas Synofzik, Zwickau: Wagner, Schumann und ihre Dresdner Musiker
Dr. Heidrun Laudel, Dresden: Im Streben nach dem Gesamtkunstwerk. Wagner und Semper

2. WAGNER UND DIE KÖNIGLICHE MUSIKALISCHE KAPELLE
Dr. Ortrun Landmann, Dresden: Richard Wagner, die Kgl. musikalische Kapelle, W. A. A. von Lüttichau und C. G. Reissiger. Eine Gegendarstellung.
KV Prof. Peter Damm, Dresden: Der Einsatz des Ventilhorns bei Wagner bis zum Lohengrin

3. WAGNERS DRESDNER MUSIKALISCHES SCHAFFEN
Prof. Dr. Sieghart Döhring, Thurnau: Wagners Dresdner Opern und die Grand opéra
PD Dr. Wolfgang Fuhrmann, Wien: Vom Werden der Wagnerschen Erinnerungs- und Leitmotivtechnik in Dresden
Dr. Wolfgang Mende, Dresden: Wagners Instrumentation bis zum „Lohengrin“. Zur Ausdifferenzierung eines semantischen Systems
Dr. Katrin Bemmann, Dr. Karl-Wilhelm Geck, M.A. Sylvie Reinelt: Die Digitalisierung des Dresdner Opernarchivs mit besonderer Berücksichtigung der Wagner-Quellen (Demonstration)

Sonnabend, 26.1.2013
4. WAGNER ALS KAPELLMEISTER UND DIRIGENT IN DRESDEN
Dipl. phil. Eberhard Steindorf, Zwickau: Wagners Dresdner Konzerttätigkeit
Ulrike Thiele, M.A., Zürich: Wagners Dresdner Opern-Dirigate

5. WAGNERS DRESDNER TEXTE UND ENTWÜRFE
Prof. Dr. Lothar Schmidt, Marburg: Wagners Dresdner Schriften
Prof. Dr. Werner Breig, Erlangen: Der erste Prosaentwurf der „Meistersinger“ im Kontext von Wagners Dresdner Opernschaffen

6. WAGNERS NACHWIRKUNG IN DRESDEN – DRESDENS NACHWIRKUNG BEI WAGNER
Björn Dornbusch, M.A., Bayreuth: Rollen für eine Sängerin – Wilhelmine Schröder-Devrient und Richard Wagner an der Dresdner Oper
Prof. Dr. Eckhard Roch, Würzburg: Dresdner Reminiszenzen: Wagners Dresdner Zeit aus der Perspektive der Cosima-Tagebücher

Komplex III: Richard-Wagner-Interpretation heute
KV Prof. Dr. Eckart Haupt, Dresden: Lohengrins Vorspiel – Zur Tradition der „Wunderharfe“
ROUNDTABLE 1 mit Peter Uehling, Berlin, Dr. Steffen Lieberwirth, Leipzig und Dr. Anke Steinbeck, Bonn (Moderation)

Prof. Dr. Walter Schmitz, Dresden: Parsifal im Tal der Ahnungslosen – Zur Bildung des Publikums

ROUNDTABLE 2 mit Gerhard Koch, Frankfurt/Main, Dr. Stefan Heinemann, Dresden; Sophie Becker, Semperoper Dresden und Michael Ernst, Dresden (Moderation)

Konzert des Orchesters der Hochschule für Musik Dresden zur Wagner-Ehrung, Leitung: Prof. Ekkehard Klemm. Ort: Hochschule für Musik Carl Maria von Weber, Konzertsaal. Achtung: Die Tagungskarte des Symposions berechtigt nicht zum Besuch dieses Konzertes. Weitere Informationen über das Konzertprogramm und den Kartenvorverkauf unter www.hfmdd.de

Sonntag, 27.1.2013
Dr. Hella Bartnig, Düsseldorf: Wagner auf der Bühne. Zur Widerständigkeit der Aneignung
ROUNDTABLE 3 mit Dr. Johanna Dombois, Köln; KS Evelyn Herlitzius, Dresden; Aline Fiedler, MdL, Dresden und Boris Kehrmann, Berlin (Moderation)
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