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Von schlank bis gewichtig

Sie verzieh dem Dirigenten lächelnd seine leidenschaftliche Bewegung, mit der er die Strad touchierte: Arabella Steinbacher (Foto: PR)

Wer das philharmonische Thema der Spielzeit – "Liebe" – in diesem Konzertprogramm suchte, fand es weniger programmatisch in den dargebotenen Werken als im spürbar gemeinsamen Einlassen von Dirigent und Orchester auf die Musik. Schon optisch auffällig der Beginn: ein kleines Ensemble bot da im Stehen eine Sinfonie Franz Bendas (1709-1786). Rank und schlank erhob sich der Geigenklang. Sicher, eigentlich hätte Konzertmeister Hentrich das kurze Werkchen auch vom ersten Pult aus leiten können, wie es Benda einst am Hof Friedrich des II. getan haben dürfte. Sanderling aber tat mit, formte, rundete die Musik, und schüttelte auch Arabella Steinbacher, der Solistin im nachfolgenden Mozart-Violinkonzert, freundlich und unauffällig das orchestrale Bett frisch auf. Die Violinistin entschied sich für einen filigranen, feinen Geigenklang. Das Orchester war jedoch auf der Hut und hielt die thematischen Wechselspiele immer in tonlicher Balance. Im Finalsatz ließ Arabella Steinbacher dann endlich die Janitscharen tanzen; Celli und Bässe knallten dazu rauflustig mit den Bogenstangen. Eine atemberaubend furiose Zugabe – Fritz Kreislers "Recitativo und Scherzo Caprice" – ließ das Publikum trampeln.

Nach der Pause dann ein mächtiges Werk, mit gut hundert Musikern mehr auf der Bühne. Sanderling, der die aktuelle Spielzeit in Köln im September mit Sergej Prokofjews Oper "Krieg und Frieden" eröffnet und dort stehende Ovationen geerntet hat, exerzierte dessen Fünfte Sinfonie B-Dur op. 100 in allen klanglichen Facetten gründlich aus. Die Philharmonie folgte mustergültig; das modernere, groß-sinfonische Repertoire liegt ihr doch – gerade im Kulturpalast, der wiederum sehr gut gefüllt war – hörbar am besten. Konzentriert lauschten die Hörer, und gaben Sanderling Extra-Applaus, in den das Orchester herzlich einstimmte. Die neue Liebe zwischen Dirigent und Ensemble: das ist sie!

Eine Textfassung des Artikels ist am 1. November in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.