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Da fehlte etwas Elsterglanz

Konzertante Opernaufführungen sollten Glanzpunkte, ja Sternstunden des Musiktheaters sein. In der Semperoper müsste dies mit der Sächsischen Staatskapelle, einer internationalen Dirigentenpersönlichkeit und Hochglanzsolisten wohl auch dem eigenen Anspruch gerecht werden. Nun gab es die konzertante Premiere der Oper „La gazza ladra“ (Die diebische Elster) von Gioachino Rossini. Wie vor Spielzeitbeginn der ersten Dresdner Opernintendantin angekündigt, sollte damit die Linie der weiblichen Titelfiguren bedient werden („Daphne“, „Gisela“, „Rusalka“, „Poppea“, „Iolanta“, „Anna Bolena“ …) fortgesetzt werden.

Doch große Teile der Staatskapelle sind derzeit mit Christoph Eschenbach auf Tour durch Europa, am Pult stand mit Michele Mariotti ein als Rossini-Spezialist apostrophierter Jung-Italiener (Jahrgang 1979), der auch noch die gemeinsame Geburtsstadt Pesaro mit Rossini teilt und das Dirigierfach daselbst am Rossini-Konservatorium studiert hat. Sein Dresden-Debüt absolvierte er außerordentlich gestenreich, wie ihm überhaupt als einzigem Künstler auf der Bühne eine bemerkenswerte Körperarbeit gelang. Das Solistenensemble zeichnete sich durch lieblos arrangierte Auftritte je nach Partiturlage aus und verzichtete gänzlich auf auch nur angedeutete Interaktion. Die Damen und Herren brachten aber so einiges an Eigenwilligkeit mit, was zwar nicht unbedingt von individuellem Personalstil kündete, aber doch in recht subjektiver Herangehensweise in Sachen Rhythmik und Dynamik mündete. Da gesellten sich teils schöne, aber mitunter kraftarme Stimmen mit Kurzatmigkeit, egomaner Tonhöhenauslegung und privatimer Tempogestaltung. Maestro Mariotti hatte also einiges zu rudern, beließ es daher weitgehend bei einem unausgewogenen Kraftakt frei nach dem Motto: Augen zu und durch. Damit werden Sängerinnen und Sänger, auch wenn sie mal nicht nur wegen inszenatorischer Einfallslosigkeit bloß an der Rampe stehen, ziemlich überdeckt und bleiben textlich kaum verständlich. Das gilt leider auch ähnlich für den tonal gut eingestimmten Chor der Staatsoper. 

Augen zu und durch, war die Devise (Foto: M.E.)

Im Laufe des auf drei Stunden eingekürzten Abends blitzen wunderschöne Streicherpassagen auf, tönten Fagott und andere Hölzer schwelgerisch schön gegen mancherlei Blechkaskaden, bekam das Publikum einen Eindruck, wohin diese konzertante Diebestour hätte gehen können. So aber beließ man es leider bei Raubkunst. Vieles blieb auf der Strecke.

Noch zwei weitere Male soll sich diese Elster, der jeglicher Glanz fehlt, im Semperbau aufschwingen: Ganz ohne Omen am Freitag, dem 13. Mai (19 Uhr) sowie am Sonntag, dem 15. Mai, zur besucherfreundlichsten Mittagsstunde (12 Uhr). Es wird noch Karten geben.

Die nächste konzertante Premiere an der Semperoper folgt am 6. Juni mit Gaetano Donizettis „Anna Bolena“ und Edita Gruberova in der Titelpartie. Die Ausstellung „Verstummte Stimmen“ aber wird am 15. Mai festlich eröffnet.