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Einmal China und zurück – „Das Land des Lächelns“ klingt gut in Radebeul

“Prinz kann nicht, Lisa will nicht”: Guido Hackhausen und Stephanie Krone (Foto: H. König)

Nichts wie weg. Erst mal wenigstens im Traum. Durch Lisas Träume schreitet zur Musik des Vorspiels, das alle Ohrwürmer des Kassenschlagers schon enthält,

Sou Chong, der Prinz aus China, leibhaftig in diplomatischen Angelegenheiten gerade in Wien. Dass die so selbstbewusste junge Witwe und flotte Turnierreiterin Lisa, so wie sie von Stephanie Krone gespielt und gesungen wird, aus diesem langweiligen Operettenwien, wie es Wolfgang Dosch an den Radebeuler Landesbühnen inszeniert hat, nichts wie weg will ist mehr als verständlich. Nur weg vom Vater. Den Adelslangweiler der Sonderklasse spielt Dietmar Fiedler. Weg auch vom netten „Gustl“. Falk Hoffmann singt und spielt den so sympathischen wie linkischen Leutnant mit Heiratsabsichten. Nimmt sie den, nimmt sie seine Tante (Freya Schmidt-Heese) dazu, Glückwunsch zum Verzicht.

Dann geht alles ganz schnell. Die Operettendepesche trifft pünktlich ein. Der Prinz muss zurück, auf der Stelle, der Nachtzug wartet, er ist jetzt Ministerpräsident von China. Dabei war man sich doch gerade bei einer Tasse Tee und ganz entzückendem Gesang auf global verständliche Art näher gekommen. Lisa allein in Wien, zwischen weißem Ross und goldenem Buddha aus Pappe und Ostwind im Herzen. Wer aber so an Sehnsucht krankt wie sie, sieht nicht, was unterm falschen Gold ist. Und dass auch in China nicht alles Gold ist, was in der Fantasie so mächtig glänzt, erfährt sie bald. Im „Land des Lächelns“ scheint das Lachen verboten. Immerhin, die jetzt von Amy Share-Kissiov choreografierten China-Klischees mit Trippelschritt und Kampfsporttanz in Stefan Wiels opulenten Kostümen, sind wesentlich attraktiver als das Wiener Gewusel zu Beginn. Großen Anteil am optischen Gewinn haben die Mitglieder des Balletts, die Damen und Herren des Chores tun sich schwer mit den kleinen Maßen der Bewegung.

Der Alptraum nimmt seinen Lauf. Der Prinz kann nicht und Lisa will nicht. Er, unter dem Diktat der Traditionen, heiratet vier Frauen, weil er muss, wie er sagt. Lisa wäre wenigstens eine rechtmäßige Mätresse. Mit Gewalt, warum nicht, wenn dem Prinzen vier Himmelsrichtungen nicht reichen. Aber davon, dass es ja niemandem etwas angehe „wie´s da drinnen aussieht“, singt er auch. Vom ewigen Lächeln wird ohnehin mehr gesungen, als dass man es sähe. Dann eben Verzicht. Den kann man ja schön besingen. Heimweh dazu und das Finale einsamer Herzen für edle Töne bahnt sich an. Kleiner Aufschub noch. Der Gustl ist jetzt auch mal kurz als in China und Lisa noch nicht wieder frei. Willkommen ist der Attaché aus Wien nicht. Einzig der aufmüpfigen Schwester des Prinzen ist der Fremde willkommen. Das Fräulein Mi spielt Tennis und trägt kurze Röcke. Christina Elbe, mit frischem Spiel und klarem Gesang gibt der Figur angenehme Ausstrahlung, der auch Leutnant Gustl genregemäß sofort erliegt. Aber das geliebte, süße, kleine, feine „China-Girl“ ist eben kein „Wiener-Girl“. So bleibt es zu Hause, tröstet den großen Bruder.

Dramatik, Dramatik, Dramatik. Lisa und Gustl sind schon so etwas wie Staatsfeinde, Flucht ist angesagt, die misslingen muss. Nein, nein, an den Landesbühnen rollen keine Köpfe wie mancherorts inzwischen in den Operetten, hier kullern höchstens die Tränen der Rührung, wenn der edle Prinz ganz gnädig ist. Vier einsame Herzen. So viel Verzicht, und so viel schöne Töne. In der Tat, es wird von Herzen gut gesungen in dieser Aufführung, und das gilt insbesondere für die beiden Protagonisten Stephanie Krone als Lisa und Guido Hackhausen als Prinz. Sie durchmisst die Höhen und Tiefen der anspruchsvollen Partie mit leuchtendem Elan und musikalischem Selbstbewusstsein. Er lässt die Höhen strahlen, hält das Schamachten voller Selbstmitleid in Grenzen, gibt den Charakter der Partie musikalisch nuancierter als man vom Text her vermuten mag. Dazu gibt Hans-Peter Preu mit den Damen und Herren des Orchesters der Landesbühnen recht zügig den Takt vor, was dem musikalischen Verlauf bekommt. Lehárs Exotismus mit falschen Chinatönen kommt ausreichend zum Klingen, auf modbeglänztes Schmachten unter Apfelblüten muss man nicht verzichten, der Walzer dreht. Begeistertes Publikum im ausverkauften Haus. Bravi für Stephanie Krone und Guido Hackhausen.

Boris Michael Gruhl

Eine Textfassung des Artikels ist am 20.1. in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.

Weitere Aufführungen in Radebeul: 22.01., 04.03., 13.03., 03.04., 19.30 Uhr; 01.05., 20.00 Uhr