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Dresdens „Feature-Ring“ hat „die Extreme noch lang nicht ausgereizt“

Experimente und Novitäten sind Grundlagen des Jazz. Improvisationskunst ist da oft nicht nur auf der Bühne gefragt, sondern nicht minder bei Veranstaltern und Machern. Unter dem Markenzeichen „Feature-Ring“ haben sich vor gut zweieinhalb Jahren drei Jazz-Studenten in Dresden verbunden und seitdem mehr als zwei Dutzend Konzerte absolviert, erst im Studentenclub „Aquarium“, inzwischen in der neustädtischen „Scheune“. Das Trio lädt stets unterschiedliche Gäste aus dem In- und Ausland ein, um deren Werke – und selbstredend auch freie Improvisationen – in eigenen und Neuarrangements vorzustellen. Was die illustre Gästeschar und mehr noch die Vielfalt der musikalischen Formen und Spielweisen betrifft, gehen den drei Jazzern, die ihr Studium inzwischen abgeschlossen haben, die Ideen offensichtlich nicht aus.

Um künftig noch mehr Stammpublikum in der „Scheune“ zu ködern, was insbesondere angesichts immer schwieriger zu erheischender Zuschüsse wichtig ist, startet die Herbstsaison des „Feature-Ring“ open air. Demian Kappenstein, Schlagzeuger des Trios, erhofft sich davon einen Imagegewinn für die ganze Veranstaltungsreihe. Zumal Zuschüsse der Stadt Dresden weggefallen sind, die im ersten Halbjahr 2009 noch halfen. „Umso mehr müssen wir uns ins Bewusstsein eines möglichst breiten Publikums hineinspielen,“ meint Kappenstein und verweist dazu auf spannende Vorhaben. Am 9. September leistet sich das „Ring“-Trio  erstmals eine Vorband: Im Garten hinter der „Scheune“ startet um 19 Uhr der vor allem aus der Musicalszene bekannte Sänger Marco Pfennig mit seinem Trio.

Haupt-Act wird dann der aus Bremen stammende Rapper Flowin Immo sein. In gewohnter Besetzung agieren Kappenstein am Schlagwerk, Pianist Simon Slowik und Felix Jacobi am Bass; wie gehabt lassen sich die drei auf ihren Gast ein und interpretieren dessen Musik in jazzig neuem Gewand. Mit Flowin Immo setzen sie zudem auf „Promi-Bonus“, er gilt als erfolgreicher Teilnehmer von Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“, das Trio profitiert also vom Entertainment. „Wir haben den Mann schon eine Weile beobachtet,“ so Kappenstein, „und freuen uns nun auf eine besondere Schnittstelle zwischen Pop und Experiment.“

Damit wechselt „Feature-Ring“  erstmals vom traditionellen Donnerstag auf einen Mittwoch – und belässt es in den Folgemonaten dabei. Am 28. Oktober kommt der lateinamerikanische Tänzer Antonio Ramos aus New York, eine Empfehlung von Christian Canciani, dem Prorektor der Palucca Schule. Der wird eine Choreografie beisteuern, Projektionskünstler Tom Hanke bezaubert mit verwirrenden Schattenspielen und das Gesamtereignis soll ein vielschichtiges Abbild des urbanen Lebens  von Big Apple sein, verspricht der umtriebige Schlagzeuger.

Kappenstein musiziert in diversen Formationen, so auch mit der Band Ulman, die Folk in sehr modernen Spielweisen aufbereitet. Mit denen gastierte er zum 60. Jahrestag von Israel in Berlin und lernte die Sängerin Yael Deckelbaum kennen. Die besingt am 11. November den „Feature-Ring“, kurz nachdem Ulman zu Monatsbeginn in Tel Aviv aufspielen wird. Um den herbstlichen Kulturaustausch perfekt zu machen, wird die singende Songschreiberin, die zudem mit der Gruppe „Habanot Nehama“ überaus erfolgreich ist, bereits am 9. November in der Frauenkirche Gast des Trios von Jacobi, Kappenstein und Slowik sein und zur  Verleihung des Demokratiepreises mit auftreten.

Als vorläufig letzte fest geplante Veranstaltung der Reihe bringt „Feature Ring“ am 9. Dezember eine Begegnung mit dem für Minimal-Techno stehenden Duo „Ghostlab“, was eine hoch interessante Begegnung mit experimentell-elektronischer Musik verspricht. Demian Kappenstein zum Kleeblatt des Herbstprogramms: „Es geht überhaupt nicht darum, uns vom Jazz wegzubewegen. Wir stellen uns gründlich die Frage, wen wir als künstlerischen Gast einladen können, um neue Wege und Klangfarben zu finden. Die Extreme sind da noch lang nicht ausgereizt.“