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Ein Romantikprogramm in der Philharmonie

David Fray (Foto: Paolo Roversi)
David Fray (Foto: Paolo Roversi)

Werke des 19. Jahrhunderts, die zwischen 1823 und 1877 entstanden, dominierten im Oktoberkonzert der Philharmonie. Ein ruhig besinnliches Programm, eben ein romantisches, konnte man erwarten. Aber Michael Sanderling strebte bei Webers „Euryanthe“-Ouvertüre eine Interpretation an, die vitale Ausdruckskraft suchte und fand. Die romantische Oper von 1823, für die die Ouvertüre entstand, war ein romantisches Ritterdrama, für das der Dirigent die kämpferisch-drängenden Motive akzentuierte. Und das kam überzeugend vom Podium und der Kontrast mit dem Oktett der gedämpften Streicher in der Durchführung ward so zu echtem Kontrast zu dem vitalen Spiel des Werkes, das so schon die Wagnerschen Ansätze des »Tannhäuser« spüren ließ. Romantische Aura breitete sich aus mit Robert Schumanns Klavierkonzert, das bekanntlich 1845 in Dresden uraufgeführt wurde. Mit dem jungen französischen Pianisten David Fray war ein Solist gewonnen, der durch zartem weichen Ton den Schumannschen Klangbildern nachging, verträumt zuweilen und freizügig in der Gestaltung. Nicht solistisches Hervortreten war beabsichtigt, sondern Einordnen in den Klang des Orchesters, Dialogisieren mit Soli inbegriffen, aber solistisches Ausspielen als pianistische Bravour wurde vermieden. Das war beeindruckend, hinterließ einen so geschlossenen Eindruck, wie man ihn selten erlebt. Dass der gestalterische Eigensinn im Zusammenspiel gelegentlich Probleme auslöste, ging unter im großen Bogen des musikalischen Erfassens. Begeistert wurden Pianist und Orchester gefeiert.

Die nun folgende 2.Sinfonie D-Dur von Johannes Brahms, den Schumann in der Neuen Zeitschrift für Musik fördernd pries, setzte den romantischen Klang nicht fort. Das Werk, das in Pörtschach am Wörther See entstand und ob seiner lyrischen Grundhaltung als »Pastorale« des Meisters apostrophiert wurde, erhielt in der Interpretation von Michael Sanderling derbere Züge, dramatischere Akzente. So verlor sich das, was in Konzertbüchern als überstrahlende „Sonne eines schönen Sommertages“ gekennzeichnet wird, in Akzentuierungen, die nachklingen lassen, was in der 1. Sinfonie als Ringen und Kämpfen in Beethovenschen Dimensionen zu spüren war. Das geschah zweifellos hier anders, aber dennoch interessant, gab dem Werk inneren Schwung, der allerdings oft in derbe Ausdrucksbereiche drängte und die Herbheit des etwas unausgeglichenen Orchesterklangs verstärkte. Vielleicht hätte Sanderling doch mehr den pastoralen Ton erstreben sollen.