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Zehntausend Meilen für ein Treffen

Fotos: PR

Distanzen sind heutzutage ja kein Hindernis mehr. Dennoch: 10.000 Meilen zu überwinden, „nur“ um zusammen Musik zu machen, erscheint gewaltig! Doch gerade darauf zielt das deutsch-australische Jazzprojekt »Cologne meets Melbourne 2014« ab, das auf diese Weise zwei der derzeit führenden Bandleaderinnen des zeitgenössischen Jazz – die Kölner Saxophonistin Christina Fuchs sowie die aus Melbourne stammende Jazzpianistin Andrea Keller – zusammenführt. Am 15. Mai gastieren sie mit ihren Ensembles im Jazzclub Tonne. Als besonderes Highlight erklingen eigens für dieses Projekt komponierte Werke.

Als Geburtsstunde für das gemeinsame Projekt »Cologne meets Melbourne« mag das Moers Festival 2007 gelten. Zum ersten Mal hörte Christina Fuchs hier das australische Quartett um Bandleaderin Andrea Keller live, das gemeinhin als „das Musterbeispiel für guten australischen Jazz“ gilt (Stapleton 2006). Zur Zusammenarbeit kam es jedoch erst einige Jahre später und auf Initiative der Kölner Klarinettistin Maryanne Piper, einer gebürtigen Australierin. „Es lag mir sehr am Herzen diese beiden Welten zusammenzuführen“, erklärt sie ihren Ansporn zu diesem Projekt. „Christina kannte ich aus Köln und es war klar, dass ich sie dabei haben wollte. Gemeinsam entschieden wir dann, Andrea mit ins Boot zu holen“. Sie hatte Glück. Beide Frauen waren von ihrer Idee begeistert und so organisierte sie mit der von ihr gegründeten Organisation artpipes für 2012 das erste Aufeinandertreffen, das sofort ein grandioser Erfolg wurde: Zum Wangaratta Jazz Festival 2012 wurden sie als Highlight gefeiert. Große Vorbereitung war im Grunde von vornherein ausgeschlossen. Nur zweimal trafen sie sich, um die eigens für dieses Projekt von Andrea Keller und Christina Fuchs komponierten Stücke zu proben. Die besondere Herausforderung: es galt zwei Quartette zusammenzuführen und musikalisch als Oktett zu vereinen.

Auch wenn sich beide Quartette im Konzept ähneln, unterscheiden sie sich doch in musikalischer Hinsicht gewaltig. Den Sound des No Tango Quartetts bestimmen vor allem die emotionalen Soli an Sopransax und Bassklarinette von Christina Fuchs sowie am Akkordeon von Florian Stadler, zum Teil auch in ein- oder mehrstimmigen Duos, die sich mit packenden, vielschichtigen Grooves von Kontrabass und Schlagzeug vereinen. Sie experimentieren mit ungewohnten Klangfarben, überzeugen mit Spielwitz und Spontanität. Seit über 10 Jahren wirkt das Quartett bereits in der deutschen und internationalen Jazzszene. Der Bandname ist dabei alles andere als ernst zu nehmen. „Wir spielen damit. Aber da wir einen Akkordeonisten in der Band haben und viele dabei sofort an Tango denken, fand ich den Namen sehr komisch. Wir setzen eben auf Angriff statt Verteidigung. Wenn jemand eine Schublade sucht, soll er sie haben", so Fuchs gegenüber der Jazzthetik 2012.

Schubladendenken erscheint auch beim Andrea Keller Quartet unangebracht. Verschiedenste Einflüsse lassen sich in ihrer Musik wiederfinden, von Elektronika bis zur zeitgenössischen modernen Musik. Die Entscheidung ohne Bass zu spielen, legte außerdem den Grundstein für den kammermusikalischen Ansatz ihrer Musik. Die Stücke, die Keller alle selbst schreibt, überraschen und faszinieren, nicht zuletzt auch durch den einzigartigen Sound mit einem hohen Wiedererkennungswert. In ihrem aktuellen Album »Wave Rider«, erschienen im November 2013, ergänzten sie ihre Standartbesetzung Klavier, Trompete, Tenorsaxophon und Drums zudem um ein Streichtrio. Es ist bereits das fünfte Album des seit 2003 bestehenden Quartetts. Gewürdigt wurde dessen Arbeit bereits mit einem ARIA-Award und Australiens Jazz-Bell-Preis. 2011 waren sie für das Jazzensemble des Jahres bei den nationalen Jazz Bell Awards nominiert und ihr Stück »Place« bekam eine Nominierung als Jazz Song of the Year. Neben dem Andrea Keller Quartett wurde die Jazzpianistin zudem durch ihre Neuinterpretationen von Wayne Shorter und Béla Bartok bekannt. Als Komponistin hat sie sich darüber hinaus dank ihrer Originalität und eines eigenwilligen Stils schon längst einen Namen gemacht. So realisierte sie bereits etliche Auftragswerke, unter anderem für das Australian Art Orchestra, die Mike Nock‘s BigSmallBand und die Bennetts Lane Big Band. 

Auch Christina Fuchs gilt als Jazzkomponistin bereits seit Jahren als feste Größe. Ihre Arbeiten für Large Ensemble wurden beispielsweise vom United Women’s Orchestra, der WDR und NDR Big Band, dem Cologne Contemporary Orchestra sowie seit 2010 von ihrem eigenen Christina Fuchs/Soundscapes Orchestra aufgeführt. Erst kürzlich wurde sie zudem in der Kategorie Komposition mit dem WDR Jazzpreis 2014 geehrt. Hervorragende Voraussetzungen für ein spannendes Projekt!

Kathleen Goldammer

 

15. Mai 2014, 21 Uhr, Jazzclub Tonne
Tickets: VVK 14/11 € zzgl. Vorverkaufsgebühr; AK 17/14 €