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Unter Editas gütigem Lächeln

Fotos: Peter Bäumler

Im Treppenhaus und auf den Gängen ist viel Betrieb. Festlich gekleidete junge Leute hasten umher, Sängerinnen und Sänger, hier läuft gerade ein Opernwettbewerb. Im Zimmer, wo unser Gespräch stattfindet, hängt eine große Fotografie des Gesangsstars aus Bratislava, Edita Gruberova. Sie feierte gerade ihr 45jähriges Bühnenjubiläum, erhielt den mit 50.000 € dotierten Herbert von Karajan Preis und denkt noch immer nicht daran abzutreten. Unsere Gesprächspartner sind Direktor Peter Čerman, die stellvertretende Direktorin Dr. Daniela Sliacka, Absolventin Barbara Jurikova, sowie der Vizedirektor und Vorsitzende der Stiftung Konservatorium Mgr.art., Tibor Ghillhány.

Auf jene Sängerinnen und Sänger, die der Weg vom Konservatorium in Bratislava an die ersten Opernhäuser der Welt führte, ist man besonders stolz – und so sind wir gleich im Gespräch darüber, wen man wann und wo erlebt hat. Etwa die Gruberova, als sie 1985, sie hat der sozialistischen Heimat gerade den Rücken gekehrt, mit dem Ensemble der Wiener Staatsoper als Zerbinetta in „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss wenige Wochen nach der Wiedereröffnung in der Dresdner Semperoper gastierte. Ihre späteren konzertanten Opernabende als Belcantostar sind legendär. Natürlich kennen wir auch Gabriela Beňačková oder den Tenor Peter Dvorský, der inzwischen das Opernhaus der slowakischen Stadt Košice leitet; Kulturhauptstadt Europas 2013! Wir tauschen uns aus über slowakische Komponisten, deren Opern auf den Spielplänen in der früheren DDR standen, Jan Cikkers „Auferstehung“ nach Tolstoi, 1962 in Gera, oder „Krútňava“ von Eugen Suchoň, deutsche Erstaufführung in Karl-Marx-Stadt 1955. 

Das Slowakische Konservatorium in Bratislava mit derzeit 600 Studierenden ist eines von vier staatlichen Konservatorien. Dazu kommen zwölf private Einrichtungen für die rund 5,4 Millionen Einwohner der Slowakei.

Musikalische- und Tanz-Ausbildung bietet auch die Hochschule für musische Künste Bratislava. Am Konservatorium Bratislava beginnt die Ausbildung mit 15 Jahren, das Abitur gehört dazu; dann folgt die spezielle Ausrichtung. Gute Chancen haben Absolventen mit künstlerischer und pädagogischer Befähigung, denn im Land gibt es 213 Musikschulen, davon schon 13 in der Hauptstadt mit knapp 414.000 Einwohnern.

Wer das Konservatorium in Bratislava erfolgreich absolviert hat, ist auch im Nachbarland Österreich gern gesehen. Auch wenn wie wahrscheinlich überall, es sei denn man ist ein Star, die Bezahlung in künstlerischen Berufen nicht gerade üppig ist: das Interesse junger Menschen ist da. Inzwischen hat man die klassischen Ausbildungsfächer erweitert.

Das Musical, der Jazz und die elektronische Musik haben Einzug gehalten in die drei Gebäude des Konservatoriums. Im klassischen Gesang spezialisiert man sich darauf, den slawischen Stimmtyp zu fördern; Oratorien oder das romantische Liedgut sind eher deutsche Spezialitäten. Bei den Instrumenten lassen sich kaum Unterschiede ausmachen, eine Akkordeonausbildung am Konservatorium allerdings dürfte eine Spezialität hier sein.

Peter Čerman, Daniela Sliacka, Barbara Jurikova, Boris Gruhl, Peter Bäumler, Tibor Ghillhány (von rechts)

Großes Interesse besteht am Kompositionsstudium. Gelegenheiten, die Ergebnisse erklingen zu hören, bieten drei spezielle Festivals für Neue Musik. Auch das renommierte jährlich Bratislavaer Musikfestival ist nicht mehr nur der Klassik geweiht. Zu den Ausbildungsformaten mit pädagogischer Ausrichtung gehören auch Grundlagen des Schauspiels und des Tanzes, klassisch und modern. Für eine Tanz- und Ballettausbildung mit dem Ziel, professionell zu arbeiten, gibt es ein eigenes Tanzkonservatorium in Bratislava. An den staatlichen Konservatorien ist die Ausbildung frei. 

Unsere Zeit ist um. Ein Erinnerungsfoto, natürlich unterm gütigen Lächeln der Gruberova…