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„Über meine Lippen kommt kein Wort“

Christian Thielemann wird in der kommenden Spielzeit eine Neuinszenierung der Regisseurin Katharina Thalbach dirigieren (Screenshot).

„Hier haben wir eine Welt, die eigentlich nur noch mit den Mitteln der Groteske und des Absurden zu beschreiben ist.“ Nein, hier urteilte der Chefdramaturg der Sächsischen Staatsoper Johann Casimir Eule nicht über die jüngsten Personalentscheidungen des sächsischen Kunstministeriums oder die teils obskuren Wortmeldungen auf der heutigen Pressekonferenz des Hauses. Seine Beschreibung galt der Schostakowitsch-Oper »Die Nase«. Parallel zu den Schostakowitsch-Tagen 2022 wird das Haus diese Oper, „ein im Grunde genommen hochpolitisches Stück“ (Theiler), in einer Neuinszenierung von Peter Konwitschny auf den Spielplan heben und durch eine Tagung über den „frühen Schostakowitsch“ in Zusammenarbeit mit der Musikhochschule ergänzen. Konwitschnys Arbeiten stellen getreu der Ankündigung Theilers zu Beginn seiner Dresdner Amtszeit einen Regie-Schwerpunkt am Haus dar. So darf der Regisseur noch eine zweite Oper inszenieren: auch Bellinis »Norma« kommt in seiner Lesart auf die Bretter. Fünfzehn (!) Neuproduktionen stemmt das Haus dieses Jahr, teilweise quasi aus der Schublade, in der die halb geprobten Stücke bei der Schließung des Hauses verschwanden. Joana Mallwitz wird die eine neue »Rusalka« dirigieren; Ministerin Klepsch erwartet an diesem 7. Mai 2022 laut ihrem Vorwort im Spielzeitbuch einen Saison-Höhepunkt.

Geschäftsführer Wolfgang Rothe, der ja die kaufmännischen Fäden am Haus in der Hand behalten wird, wenn Theiler und Thielemann 2024 gehen, sprach im Anschluss von den „schlimmsten fünfzehn Monaten, die ich in meinem Theaterleben je erlebt habe.“ Das galt natürlich wiederum nicht den Personalentscheidungen, sondern – Corona! Die Besucherströme versiegten 2020, statt fast dreihunderttausend Besuchern im Jahr 2019 kamen 2020 gerade einmal 64.000. Die Karteneinnahmen sanken von 17,3 auf 7,3 Mio. Euro. Sponsoren setzten ihr Engagement aus oder zogen sich gleich ganz zurück: „Wirtschaftlich waren wir hart getroffen,“ bilanzierte Rothe.

Torsten Raschs Auftragswerk »Die andere Frau« soll nun endlich zur Aufführung kommen; »Elektra« und »Tannhäuser« stehen als Wiederaufnahmen ins Haus, und zu Ostern gönnt sich die Semperoper 2022 wieder »Mozart-Tage«. Dafür wird ein Da-ponte-Zyklus unter dem ersten Gastdirigenten Omer Meir Wellber programmiert, in angepasster Orchesterbesetzung, versteht sich, denn die Staatskapelle residiert ja nächstes Jahr (zum letzten Mal) an der Salzach.

Womit wir beim eigentlichen Thema wären, das den Pressetermin von Minute eins an dominierte. Ja, Christian Thielemann wird auch eine Operninszenierung dirigieren, »Aida« in einer Inszenierung von Katharina Thalbach. Ob es jetzt noch Fragen gebe? Die gibt es, naja, es sind eher erregte und erzürnte Statements einer Kollegin. Sie habe einen anderen Kampfgeist vom Orchester erwartet. Wer könne denn die Oper besser zukunftsfähig machen als dieser Dirigent? „Ich möchte das Orchester fragen, was nach Thielemann kommen soll?“

Die Miene des Dirigenten versteinert während der langen Frage nach der kümmerlichen Reaktion der Musiker auf die Ankündigung, ihren Chef nicht zu verlängern. Ihm ist im Anschluss nicht mehr zu entlocken als: „Über meine Lippen kommt kein Wort, ich habe zu diesem Thema nichts zu sagen.“

„Über meine Lippen kommt kein Wort.“ (Screenshot)

Gibt es noch weitere Fragen zur kommenden Spielzeit? Nein? Dann vielen Dank. Matte Worte von Theiler zum Schluss der Saison-Vorstellung: „Seien Sie gespannt auf diesen Opernspielplan. Er entspricht auch dem Credo gesellschaftlicher Relevanz.“ Ahso.

PREMIEREN

2. Oktober 2021: Bellini, »Norma«
15. Oktober 2021: Moultaka, »Drei miese, fiese Kerle« – Musiktheater für Kinder (Semper Zwei)
15. Oktober 2021: Ballettpremiere »A Collection of Short Stories«
22. Oktober 2021: Verdi, »Don Carlo«
6. November 2021: Rossini, »La Cenerentola«
14. Januar 2002: Chailly, »Die kahle Sängerin« (Semper Zwei, EA)
22. Januar 2022: Rasch, »Die andere Frau« (UA)
5. März 2022: Verdi, »Aida«
11. März 2022: Zimmermann, »Weiße Rose« (Semper Zwei)
2. April 2022: Puccini, »Madama Butterfly«
8. April 2022: »BLUES BROTHERS« (Semper Zwei)
7. Mai 2022: Dvořák, »Rusalka«
21. Mai 2022: Sondheim, »Into the Woods« (Semper Zwei)
5. Juni 2022: Ballettpremiere »Peer Gynt«
2. Juli 2022: Schostakowitsch, »Die Nase«

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