Nach Felsensteins Neusichtung von Offenbachs Oper um Hoffmanns Erzählungen von 1958 hat besonders die Suche nach dem tieferen Sinn des Künstlerdramas einen Impuls erhalten, indem der Rolle der Muse als wesentliche Begleiterin, ja Beschützerin eine größere Bedeutung zugemessen wurde. Dadurch entstand eine klare Konfrontation von platter Wirklichkeit mit dem reichen Kommerzienrat Lindorf und künstlerischer Intuition durch die Muse. Auch in der opulenten Neuinszenierung der Semperoper prägt dieser Streit der Kontrahenten die Aufführung, prägnant sichtbar in dem Gegenüber der beiden in den Proszeniumslogen links und rechts vor der Bühne. Aber die Auseinandersetzung lebt auch auf der Bühne: Lindorf in verschiedenen Gegenspielern, die den Liebe suchenden Hoffmann immer wieder in Enttäuschungen führen, aber stets getröstet von der Muse. Am Ende resümiert sie, dass aus dem Leiden das Genie erwachse.
Die Bilder dazu waren von plastischer Ausgestaltung, perfekt umgesetzt vom Team des Bühnenbilds. Verbunden mit brillanten Darstellern wurde ein buntes Treiben mit Symbolbildern veranstaltet, die nicht immer sofort durchschau- oder überschaubar waren. Deshalb hielt man sich als Zuschauer am besten an die Grundfabel der drei Liebeswirren des Hoffmann, der von dem amerikanischen Tenor Eric Cutler in jeder Weise perfekt umgesetzt wurde, immer wieder ermahnt und geleitet von der Muse mit der ausstrahlungsstarken Christina Bock. Sie durchlebt alle Verwandlungen bestens und stellt sich am Ende die Frage: hat sie den Künstler in Hoffmann bewahren können?
Drei Gegenspieler in den Gestalten von Lindorf, Doktor Miracle und Dapertutto erhalten durch Peter Rose (als Ochs im »Rosenkavalier« trat er schon in Dresden auf) wirkungsvoll Profil, stimmliche Ausgestaltung (Spiegelarie) und jenes höhnischem Lachen, das die Enttäuschungen Hoffmanns begleitet. Umfangreich ist die Personage dieser Aufführung, auch der Chor erfüllte umfangreiche Aufgaben mit Spiel- und Sangesfreude, beginnt im Orchestergraben und verteilt sich allmählich über die mehrstufige Szenerie. Das alles ist überzeugend, wenn auch oft verwirrend umgesetzt. Was das Ganze zusammenhält, ist die Staatskapelle perfekt vom auswendig dirigierenden und dadurch ganz unmittelbar eingreifenden Frederic Chaslin geführt, der offensichtlich mit den Bedingungen von Haus und Inszenierung bestens vertraut war. So entstand eine Aufführung, die begeisterte, aber auch auch auf Widerstand stieß. Denn am Ende gab es deutliche Buhs der Ablehnung für ein Inszenierungsteam, dem oft aus Freude an theatralischer Aktion wesentliches abhanden kam.
Nächste Vorstellungen: 7., 10., 16., 19., 23. Dezember; 2., 7. Januar