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Durch den langen Fluss zum Meer

Den Namen „Pin Addix“ sollte man sich merken, wenn man Instrumentalmusik mag, die so recht in keine Schublade passen will. Jenes Quintett hat sich 2010 in Berlin um Sebastian Piskorz gebildet, der frisch bei Prof. Zoller an der Dresdner Hochschule sein Kompositionsstudium abgeschlossen hat. Die erste, wohl gereifte Pin-Addix-CD „Point Zero“ begeistert nicht nur durch eine abgerundete musikalische Grundstimmung, sondern auch durch einprägsame Motive.

Pin Addix gelingt es, eine Mischung aus zeitgenössischem Jazz, Rock und Groove zu erschaffen, die nicht nur eingeschworene Jazzfans begeistert. Lauscht man den fließenden, fantasievoll komponierten Klängen des jungen Trompeters Sebastian Piskorz, öffnen sich tiefe Gedankenwelten. Ein Kopfkino zwischen Filmmusik und frechem, instrumentalem Jazz. Jedes Stück auf „Point Zero“ bringt dabei eine neue Aussage mit sich, und beim fast obligatorischen Wiederhören jedes mal eine andere Idee, Stimmung, Emotion. Vielleicht ist „Point Zero“ ja genau das, womit man Jazz definieren sollte: Musik, die tiefe Emotionen auszudrücken vermag, und durch künstlerische Offenheit, wie ausgewogenen komponierten und improvisierten Phrasen, charmante Brücken zum Zuhörer baut.  
Die CD „Point Zero“ weiß kontrastreiche Themen, auskomponierte Strecken und improvisierte Passagen gut miteinander zu verbinden. Mal webt sich, wie in „Pisko Disko“ (Track 2) ein Kontrapunkt in eine offen gehaltene, synkopisch verspielte Melodie, und öffnet so durch ein kantig-fröhliches Miteinander die Türen zur neuen Stimmung. Oder es überrascht eine Art murmelnder Männerchor, dessen Scat bald wieder in das rahmengebende erste Thema mündet. Auch verbinden die Themen die Stücke miteinander. Auf mich wirken „Obskures Largo“ und „Cellular Vision Reborn“ (Track 6 und 7) vom Thema her wie Bruder und Schwester. Sie sind unterschiedlich, sprechen aber die gleiche Sprache.

Besonders stark ziehen mich das sanft gehaltene Stück „Das Lamm“ (Track 3), und das wunderbar verwobene „Wo das Meer“ (Track 8) in die Welt des Komponisten. Mit Sounds wie spannendem Flirren auf verschiedenen Instrumenten malen Piskorz und „Pin Addix“ ihre Geschichten, die Bläsersätze schwingen dabei angenehm anders und vor allem sehr ausgewogen. In einem Liedtext, der in wenigen, weich flüsternd gesungenen Worten an einen Ort einlädt, an dem man die Zeit am besten vorbeifließen sehen kann, spiegelt sich der lange, tiefe Atem der in sich ruhenden Stücke: „Geh durch den langen Fluss zum Meer. Nur ein Star fliegt vor dir. Er zeigt die Stunden, die vergehn.“

 

Schaffen die Mischung zwischen Jazz, Rock und Groove: Pin Addix. (Foto: PR)

Wer ist also Pin Addix? Zuerst einmal natürlich Sebastian Piskorz an Trompete und Flügelhorn, der sich bereits durch seine Auftritte mit der Band Keimzeit als Bläser einen Namen gemacht hat. Unterstützt wird der komponierende Bandleader von Ede Merkel an Saxophon und Flöte, Nils Marquardt an der Posaune  und als Perkussionist, sowie von Felix Jacobi am Bass, und Christian Hiltawsky am Schlagzeug und Glockenspiel.
Sebastian Piskorz schloss mit der CD übrigens ein weiteres Kapitel seiner Ausbildung ab. Nach dem Studium „Hauptfach Trompete“ in Berlin und Oslo folgte jetzt sein Master „Komposition Jazz/Rock/Pop“ an der Hochschule für Musik in Dresden. Sein Masterkonzert brachte im Januar 2013 das erste Mal in Dresden die Kompositionen von „Point Zero“ auf die Bühne.
Um die volle Bandbreite der Farben zu erleben, die das Quintett Pin Addix aus ihren Instrumenten lockt, sollte man vielleicht genau das tun, was die CD ganz einnehmend besäuselt: mal nicht auf die Uhr schauen, und den langen Weg zum Meer mit allen Sinnen genießen.

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