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Angekommen

Foto: M. Morgenstern

Selten dürfte in Dresden den ersten Tönen der Egmont-Ouvertüre einmal so entgegengefiebert worden sein wie am Wochenende. Fühlbar machte sich dann im akustisch ertüchtigten Lichthof des Albertinums die Erleichterung breit: nein, das ist mitnichten eine bloße Ausweich-Spielstätte, das klingt ja richtig gut! Gelöst plauderten die Philharmoniker in den Pausen des 1. Philharmonischen Konzerts mit dem treuen Publikum, das den neuen Saal bis zum letzten Platz in Besitz genommen hatte. Die Hausherren hießen am Samstag mit einer Grußbotschaft willkommen: hier kann das Orchester erst einmal bleiben, es ergeben sich sogar interessante Synergie-Effekte mit den Ausstellungen des Hauses. Und kalten Weißwein gibt es auch.

Mithin wusste die Philharmonie, was auf dem Spiel steht. Die Einweihung des Lichthofs als Konzertort mit dem Singapore Symphony Orchestra misslang vor zwei Jahren gründlich. Man habe deshalb keine Kosten gescheut, so der Intendant, und den Saal verbessert; Vorhänge, Teppiche und kippbare Klangpanele sind die sichtbaren Ergebnisse der Bemühungen um eine brauchbare Konzertsaalakustik.

Die Philharmonie hat den Kulturpalast verlassen; in einer der neuen Spielstätten prangt der Schriftzug "Skulpturenhalle" an der Wand. Für wie lange wird das Orchester auf Tournee durch die eigene Stadt gehen müssen? (Foto: M. Morgenstern)

Dass das Orchester sich hier erst einleben muss, bis die dynamischen Feinheiten in allen Stimmgruppen wieder fein aufeinander abgestimmt sind, ist klar. Am auffälligsten war – Samstag wie Sonntag – die Überpräsenz der als Phalanx hinter dem Orchester aufgestellten Kontrabässe und des Schlagwerks. Die Opulenz, die Hollywood-Orchestern zur Ehre gereicht hätte, kippte mehr als einmal ins Mulmige ab; in Dmitri Schostakowitschs "Fünfter" mussten trotz Michael Sanderlings höchst umsichtigen Dirigats die Blechbläser stellenweise klein beigeben. Der ehemals fehlende Direktschall der Streicher ist jedoch gut eingestellt. Und auch ein tiefes Soloinstrument verträgt der Saal, wie der Cellist Jan Vogler zeigen konnte: sowohl mit einem – freilich höchst dünnen – Orchesterteppich unter den Füßen wie in Tigran Mansurians sinfonischem Klagelied "Ubi est Abel frater tuus?" als auch ganz allein, in einem dritten Konzertteil am Sonnabend, "Epilog" betitelt. Hier gab Vogler Einsicht in seine Klangwerkstatt, präsentierte die dritte Solosuite von Johann Sebastian Bach, die er dieser Tage zum wiederholten Male einspielt. Hatte er vor Jahresfrist noch einen asketisch schlanken, völlig vibratolosen Ton bevorzugt, ist seine Interpretation nun wieder zugänglicher, spielerischer und beweglicher geworden.

Dass dieser fesselnde "Epilog" dann doch vor sehr gelichteten Reihen stattfand, mochte der späten Stunde geschuldet sein – aber auch der ungeheuer eindrücklichen Interpretation der Schostakowitsch-Sinfonie. Atemlos hatten die Hörer, und Dirigent und Orchester dann stehend rauschenden Applaus gespendet.

Eine Textfassung des Artikels ist am 24. September in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.

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