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In eigener Sache

Der Juni 2007 war sonnig und heiß. Angela Merkel traf sich in Heiligendamm mit den Herrschern der Welt. Der DAX knackte die 8.000 Punkte. Und in Dresden begann ich einen kleinen Blog über das Kulturleben der Stadt zu schreiben.

Für die Dresdner Neuesten Nachrichten hatte ich damals den Dresdner Bühnenbildner Mathis Neidhardt portraitiert. Wir hatten bestimmt drei Stunden zusammengesessen, Mathis – unser Wohnungsnachbar – erzählte in spannenden Worten vom Leben, von der Welt. Als das Portrait erschien, war ich ein bisschen unglücklich: die begrenzte Zeichenzahl im "Print" ist ja immer ein großer Kummer, nicht nur für die Autoren, sondern auch für Leser, die gern tiefer in die Themen eintauchen möchten. Ich fragte mich: warum eigentlich nicht zukünftig im Netz umfangreichere Berichte, Interviews usw. präsentieren, für all diejenigen, die mehr wollten?

Vereinbarungen mit dem Verlag der "Dresdner Neuesten Nachrichten", später auch der "Sächsischen Zeitung", mit www.klassik.com, der Redaktion des "Orchesters" u.a. wurden gefunden, Rechtefragen geklärt, und am 1. Juli erschien der erste Text auf »Musik in Dresden«. Bald fanden sich befreundete Autoren, die gern mitschreiben wollten; Anders Winter natürlich, auch der Jazzkenner Mathias Bäumel; Gabriele Gorgas schenkte mir Artikel, ab 2008 stieß Boris Michael Gruhl dazu und spendete seine DNN-Texte.

Das Werkeln im weltweiten Netz machte Spaß, ich lernte viel, wagte mich auch an erste Anzeigenpartnerschaften. So fanden die Autoren der ersten Stunde, die ja alle ohne Honorar schrieben, zu Weihnachten vielleicht eine Weinkiste vor ihrer Tür, oder wir blieben nach gemeinsamen Konzerten auf Kosten von »Musik in Dresden« noch irgendwo hängen. Die Weinkulturbar zeigte sich spendabel, ebenso die kleine Phoenix-Rösterei, für köstlich-koffeinhaltige Redaktionssitzungen. Und eine erste Auftragskomposition war bald vergeben: der Komponist Alexander Keuk schrieb auf Bitte von »Musik in Dresden« hin eine Solosonate für den Bratscher Nils Mönkemeyer.

Inhaltlich wuchs »Musik in Dresden« schnell, begann aktueller, vielfältiger zu werden. Auch Leserbriefe wurden nun häufiger. Wutschnaubend rief mich einmal Thomas Quasthoff an, einer Rezension wegen. Nach einer halben Stunde war er bezwungen und plauderte wehmütig über die Musikwelt. Kurt Masur meldete sich auf meine Anfrage hin, ob er nicht mit »Musik in Dresden« über einen neuen Konzertsaal sprechen wolle (nein, wollte er nicht). Allmählich begann »Musik in Dresden« neben den Tageszeitungen hörbar zu werden; ich habe mich immer gefreut über die Rückmeldungen von Musikern, von Veranstaltern, natürlich vor allem von neuen Lesern, die das Portal entdeckt hatten. Die deutsche Presseagentur berichtete über unser Redaktionsteam; in "brand eins Neuland" wurden wir als schickes regionales Webportal erwähnt, "das unabhängigen und kleinen Kulturveranstaltungen Raum und Aufmerksamkeit gibt"; und BILD (ausgerechnet!) nannte »Musik in Dresden« "eine der besten Informationsquellen für Musikfans in und außerhalb von Dresden".

Und professioneller wurden wir: die Firma Webit.de, Sponsor der Dresdner Musikfestspiele und der Jazztage, half, die Maschinerie des Blogs zu warten und zu verbessern. Für die erste Ausgabe der TONLAGEN, des neuen Festivals für zeitgenössische Musik am Festspielhaus Hellerau, richteten wir eine Festspiel-Lounge ein, in der Konzertbesucher chillen, "runterkochen", nebenbei im Netz die neuesten Artikel auf www.musik-in-dresden.de lesen konnten. Und Dominik Schech, den ich für seine edlen Entwürfe für Semperoper, Ballett, Staatskapelle & Co. bewunderte, schenkte uns ein wunderbar schlichtes Logo, später auch eine tolle Kampagne, die in "semper!", SAX und an anderen Stellen für »Musik in Dresden« warb. Überhaupt, die Kampagne: da lobten in Dresden tätige Dirigenten, Intendanten, Musiker die Seite, dass ich innerlich ein bisschen rot wurde. Der heutige Musikhochschulrektor Ekkehard Klemm etwa steuerte einen kafkaesken Kommentar bei: "Musik in Dresden? was sonst / sonst nichts / nichts anderes". Das Portal fungiert als Medienpartner ausgewählter Kulturveranstaltungen, begleitet unter anderem die neue Schütz-Gesamteinspielung des Dresdner Kammerchors. Und immer mehr Artikel wurden es: heute kann man in unserem Archiv über eintausend Texte über Dresdens Musikkultur lesen, darunter über hundert epische Interviews: mit Philip Glass, dem Kreuzkantor Roderich Kreile, dem Geiger Nikolaj Znaider, ungewöhnlichen Gesprächspartnern wie etwa dem Steinway-Cheftechniker Stefan Knüpfer; natürlich auch Christian Thielemann… aber auch ziemliche Gurken wie ein kurzes, recht unerfreuliches Telefoninterview mit Steve Reich.

Mit die liebsten Texte sind mir die kurzweiligen Kolumnen von Boris Gruhl, Michael Ernst und Aldo Lindhorst geworden. Vor wenigen Tagen haben sie eine eigene Spalte bekommen; auch die Startseite ist nun noch einmal aufgeräumt worden, präsentiert die verschiedenen Kategorien übersichtlich und lädt zum Querlesen ein. Auch auf Facebook findet man uns seit geraumer Zeit. Hier können die einzelnen Texte (auch dieser) kommentiert, kritisiert, fortgesponnen werden. Und viele Leser sagen uns über Facebook auch: "Gefällt mir!" 😉

Was mich anspornt, diesen Weg noch ein bisschen weiter zu gehen, mit all den Freunden und auch kritischen Begleitern, die wir in den letzten fünf Jahren gewonnen haben. »Musik in Dresden« ist zu einem lebendigen, vielfältigen Onlinemedium geworden. Dank der Autoren und anderer Mitstreiter, und natürlich dank Ihnen – unseren Lesern.

Herzlich –
Martin Morgenstern

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