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„Hier sind ja alle so verwöhnt mit klassischer Musik…“

Fotos: PR

Ms Henderson, erst einmal alles Gute nachträglich zum Geburtstag, der ja am 28. Februar war. Wenn Sie auf ihre Musikkarriere schauen und diese mit den Anfängen vergleichen, was ist das für ein Gefühl?

Ich muss ehrlich sagen, heute ist es besser. Als ich Mitte zwanzig war, war ich so versessen darauf eine gute Sängerin zu sein, auf Tour zu gehen und vor einem tollen Publikum zu stehen, dass ich das wichtigste übersehen habe: die Freiheit in meiner Musik zu finden und die Möglichkeit diese mit dem Publikum zu teilen. In jüngeren Jahren war ich sehr unsicher. Ich sagte mir, dass ich viel besser sein könnte und sollte. Heute fühle ich mich viel zufriedener. Denn ich weiß, dass ich viel erreicht habe, als Sänger, als Musiker. Dass ich nun viel mehr geben kann. Ich bin auch nicht mehr nervös. Ich habe ein großes Glück mit meinen Musikern und meinem Publikum. Ich habe eine Menge Spaß, wenn ich auf der Bühne stehe, und fühle mich unheimlich sicher in meiner Musik.

Aber ein wenig Lampenfieber haben Sie dann schon, wenn es auf die Bühne geht, oder?

Genau genommen ja. Aber ich denke, das ist gut so. Denn wenn du dieses Gefühl nicht hast, dann ist es so, als ob du vom einen in den anderen Raum gehen würdest. Vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Und das wäre schon ein wenig komisch. Ich bin nicht nervös. Ich habe nur diesen kleinen Druck in mir. Dieses Aaaah-Gefühl. Und das fühlt sich richtig und gut an.

Nachdem sie in verschieden Genres unterwegs waren, haben Sie im Jazz ihr zu Hause gefunden?

Ich habe eigentlich nie richtig entschieden, welches Musikgenre das richtige für mich ist. Ich ließ mich einfach von der Musik treiben. Ich habe mich einfach hingesetzt und etwas komponiert oder geschrieben und hatte so viel Spaß dabei. In der heutigen Zeit kann man sich eh nicht richtig festlegen. Ich weiß nicht, wo man da die Grenzen zieht. Man hört Jazz, Hip Hop, Rock oder klassische Musik und alles liegt dazwischen. In meinem letzten Album »Jazz, Love & Henderson« finde ich sowohl den urtypischen Jazz, als auch alle Dinge, die ich in meinem Leben getan habe. Deswegen ist es auch schwer für mich zu sagen, was ich vielleicht als Nächstes machen werde, soll es mehr jazzig sein oder eher Avantgarde.

In Schweden und Dänemark aufgewachsen, in Amerika – dem Mutterland des Jazz – gelebt. Spiegelt sich das in ihrer Musik wieder?

Meine Musik ist ein Mix aus der amerikanischen und europäischen Kultur, so wie ich. Also ich bin das, worum es in meiner Musik geht. Das viele Umziehen und die späteren Touren quer durch Europa. Ich bin sehr beeinflusst durch den nordischen Stil, aber eben auch durch den amerikanischen. Wir sind alle miteinander vernetzt, die Welt wird immer kleiner und kleiner. Es ist als gar nicht so ein großer Unterschied zwischen den Kulturen.

Natürlich sind wir vor allem durch das Internet vernetzt. Was halten Sie als Künstler denn von Internet-Streaming Diensten wie dem schwedischen Konzern Spotify, der gerade in Deutschland gestartet ist?

Leider ist es so, dass das meiste Geld nicht der Künstler, sondern die Plattenfirma bekommt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei vielen Verträgen die Labels fast 90 Prozent der Einnahmen behalten. Und so macht es für die Künstler – so komisch es klingen mag – keinen Unterschied. Wir sind gerade in einer Übergangsphase und wir müssen herausfinden, wie wir Musik in Zukunft teilen können. Wir gehen nicht mehr in die riesengroßen Plattenläden; so kaufen wir keine Musik mehr. Aber egal wo man nun im Internet Musik kaufen kann, ich denke Menschen wollen das. Sie wollen Musik spüren und dafür bezahlen sie gerne. Ich denke vor Spotify war es eigentlich viel einfacher für Leute Musik zu klauen als zu kaufen. Es ist gut, dass wir jetzt alle diese Internetdienste haben. Man hat so viele Möglichkeiten neue Musik zu finden und sich dann an ihr zu erfreuen.

Wie ist es für Sie in so einer traditionsreichen Stadt wie Dresden aufzutreten?

Es ist absolut wunderbar, und ich weiß, dass meine Musiker das auch so sehen, da wir viel Klassik hören. Und hier in Deutschland sind ja alle so verwöhnt mit klassischer Musik. Schon von klein auf in der Schule kommt ihr damit in Kontakt. Es ist so ein kultiviertes Land, auch mit der tollen Literatur. Es ist sehr inspirierend hier zu sein.

Hier an der Dresdener Hochschule für Musik kann man auch Jazz/Rock/Pop studieren. Was würden Sie diesen jungen Sängern auf den Weg geben?

Es ist so wichtig, wenn auch oft gesagt: Folge deinem Herzen. Es gibt so viel Mist da draußen, X-Factor und Idol (DSDS). Viele denken, ja wenn ich jetzt gewinne, wenn ich entdeckt werde oder wenigstens ins Fernsehen komme, werde ich ein großer Star. Ein großer Star, Sänger oder Musiker geht nicht den kurzen Weg. Was dich wirklich dazu macht, ist, dass du einfach viel übst und spielst. Damit man Erfahrungen, gute wie schlechte, erhält. Das macht dich zu einem starken Sänger. Und das bringt dich dazu, aus der Menge hervorzustechen. Wenn du nichts zu erzählen hast, wenn du keine Erfahrungen mitbringst, da hört dir auch keiner zu. Manche sind schon mit 20 bereit und sprühen vor Leidenschaft und manche eben erst mir 30. Das ist bei jedem verschieden. Wichtig ist es, seinem Herzen zu folgen und seine Integrität zu bewahren. Dann kann man alles tun, was man will…

Sonderkonzert der Jazztage Dresden: Caroline Henderson ist am 23. Mai 2012 im Societätstheater zu Gast.

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