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„Der Forster klaut unseren Kuchen“

Herr Forster, fünf, sechs Jazzkonzerte an einem Abend: verträgt Dresden das? Ohne Kannibalismuseffekte geht doch eine solche zeitliche Straffung des Festivals nicht ab.

Kräftemäßig halten wir einfach kein längeres Festival durch. Ich war dieses Jahr zu fast allen Konzerten persönlich anwesend. Es war ein Marathon, zumal wenn man Soundchecks und eigene Konzerte hat. An neun Tagen hatten wir dieses Jahr mehr Zuschauer als an den sechzehn Tagen letztes Jahr. Das Publikum mag die Auswahl. Die vielen Konzerte an kleineren Spielstätten liefen ausgezeichnet. Und ein Gesamtvolumen von 800 Zuhörern an mehreren Spielstätten gibt Dresden offenbar locker her.

Lokale Bands waren oft ausverkauft; bei großen Namen wie Jamie Cullum oder Michael Wollny haperte der Kartenverkauf dagegen. Ist hier noch Potential, das Festival vielleicht auch inhaltlich nachzujustieren?

Um die Dresdner zu mobilisieren, sind lokale Bands sicherlich ein gutes Mittel. Aber es funktioniert auch nicht immer, Beispiel Ring Ensemble. Wenn lokale Bands von BlueNote bis Hochschule sowieso übers Jahr hier spielen, kann man keinen höheren Eintritt nehmen. Die Konzerte von Cadence, Garcia-Fons oder Al di Meola waren dagegen sofort ausverkauft. Man könnte nun längere Konzerte mit Dresdner Vorbands machen; das wird aber ambivalent gesehen. Viele huldigen lieber dem einen Künstler des Abends.

Sein Klavier mag explodiert sein, die Verkaufszahlen waren eher mau: Jamie Cullum im Kulturpalast (Quelle: www.jamiecullum.com)

Till Brönner ermutigte das Publikum beim "Jazzpack"-Hochschulkonzert am Sonntag, auch mal übers Jahr in ein Jazzkonzert zu gehen.

Hier in Dresden ist Jazz vor allem Dixieland. Für normale Jazzkonzerte ist der Nährboden noch nicht so da wie im Westen. Der muss aus dem Mief rauskommen, salonfähig werden. Wir haben dieses Jahr viele Leute in den Jazzclub Neue Tonne gebracht, die sonst nie hingegangen wären. Die werden die Tonne auch übers Jahr besuchen. Ein Festival wirkt da wie ein Turbolader. Immer mehr Partner sehen das auch so: es gibt nicht den großen Jazz-Kuchen, und der Forster nimmt da was weg. Durch das Festival wird der Kuchen größer. Es ist eine Win-Win-Situation. Ich würde mir wünschen, dass da alle in Dresden mitmachen, auch die Semperoper.

Besucher des Jamie-Cullum-Konzerts bekamen ein Flugblatt in die Hand: die Stadt solle nicht den wichtigsten Standort für Unterhaltungsmusik zerstören. Sie, Herr Forster, sind ehemaliges Mitglied der Dresdner Philharmonie und nun selber Konzertveranstalter. Ihre Meinung?

1996 verkündete der damalige Oberbürgermeister Dresdens, Herbert Wagner, im Neujahrskonzert: der Kulturpalast wird umgebaut! Ich habe damals im Leipziger Gewandhaus gekündigt und bin nach Dresden gegangen; hier tut sich was, dachte ich. Leider hatte sich offenbar niemand richtig Gedanken gemacht, wie das finanziert wird. Die Philharmonie jedenfalls braucht einen neuen Saal, egal ob durch Um- oder Neubau. Als Veranstalter von Jazzveranstaltungen kann ich nur sagen, dass der Kulturpalast dafür sowieso nicht gut angenommen wird. Da kriege ich in jede Kirche mehr Publikum. Die erste Garde, ja, das geht vielleicht: Jamie Cullum, Diana Krall. Aber selbst mit Oscar Peterson hätte man den Palast nicht mal halbvoll gekriegt. Ein kleinerer, modernisierter, für klassische Musik optimierter Konzertsaal würde mit Sicherheit besser angenommen. Allerdings sollte die Stadt daran denken, dafür die technische Seite abzudecken. Je besser ein Saal an sich klingt, desto schlechter eignet er sich für ein Jazzkonzert.

Ohne substantielle Förderung der Stadt wird es keinen elften Jahrgang geben. Was überwiegt momentan, Hoffnung oder Resignation?

Das Festivalkonzept hat sich dieses Jahr vollkommen bewährt. Hätten wir eine Förderung gehabt, mit den Eintrittspreisen zurückgehen und besseres Marketing machen können, bin ich davon überzeugt, dass alle Veranstaltungen ausverkauft gewesen wären. So können wir einfach nicht weitermachen. Wir zahlen privat mehr als das, was wir mit den Klazz Brothers verdienen; immer in der Überzeugung, dass das Festival irgendwann gefördert wird. Jetzt ist der Druck aufgebaut: wenn die Stadt dem Förderantrag nicht entspricht, wird es die Jazztage 2011 nicht mehr geben. Es gibt aber Gespräche mit der OB, und wir hoffen, dass es vorwärts geht. Die Dresdner Jazztage sind eine Attraktion in einer touristenarmen Zeit. Das muss die Stadt verstehen und entsprechend handeln.

Foto: SONY Music

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