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Der Traum vom Tanz – John Neumeiers „Der Nussknacker“ begeistert auch nach 13 Jahren das Publikum in Dresden

Katherina Markowskaya als Marie in "Der Nussknacker", Foto: Costin Radu

Es bleibt dabei. Von den Varianten der Interpretationen, Übertragungen, Neudeutungen und Inszenierungen des beliebten Balletts „Der Nussknacker“ ist John Neumeiers Kreation von 1974, die Vladimir Derevianko 1997 für das Ballett Dresden in die Semperoper brachte, eine der bislang bedeutendsten. Alt und Jung ließen sich bei der 128. Vorstellung im ausverkauften Dresdner Haus in den Bann ziehen und applaudierten begeistert den Solistinnen, den Solisten und dem ganzen Ensemble.

Sehr eilig ausgehängte Umbesetzungsmeldungen – Änderungen der Programmzettel ließ die Kürze der Zeit nicht mehr zu – lassen darauf schließen, dass Erstaunliches geleistet wurde, bevor sich der Vorhang hob und wir mit Marie ihren zwölften Geburtstag feiern konnten. Immer wieder fasziniert das erste Traumbild mit dem Ballettsaal in zwischenweltlichem Weiß, begeistert das Bild von der Ballettaufführung in eben jenem Theater mit dessen Miniaturnachbildung Marie zu Beginn noch gespielt hatte und dessen Rausch an Farben und Bewegungen nur den Träumen dieses Mädchens an der Schwelle zur jungen Frau entsprossen sein kann. Es ist das zarte Erblühen dieser jungen Frau, die ersten Schmerzen in der Erfahrung, dass Traum und Wirklichkeit zwei Dinge und die Augenblicke des Glücks sehr flüchtig sind. In der Figur des Ballettmeisters Drosselmeier hat Neumeier dem Petipa aus St. Petersburg eine wunderbare Referenz erwiesen, wie er es überhaupt versteht, die Traditionen der Pantomime mit denen des reinen Tanzes und turbulenten Einflüssen der Music-Hall zu verbinden.

Katherina Markowskaya tanzte die Partie der Marie zur Premiere am 20. Dezember 1987. Sie tanzte die Marie gestern Abend. Ob sie sie noch einmal in Dresden tanzen wird ist ungewiss, denn nach 14 Jahren wird sie dem Dresdner Ensemble nicht mehr angehören. Nicht zuletzt der gestrige Auftritt ist Anlass zu großem Dank und tiefer Verehrung für diese Tänzerin, die so zerbrechlich wirkt, deren Zierlichkeit voller Kraft ist, die das Kind spielen kann ohne jemals kindisch zu sein und die dem jungen Mädchen in der ersten erotischen Verwirrung berührende Anmut verleiht.               

Maximilian Genov als Drosselmeier ist ein Ereignis der besonderen Art. Dass dieser junge Tänzer Humor hat und gerne Charaktertypen tanzt konnte man mehrfach bewundern. Hier ist er ein junger Ballettmeister mit den Allüren eines Hagestolzes, das alles nicht ohne Ironie und schelmischer Freude, die sich in seinen herrlichen Tanzeskapaden Bahn bricht. Ein Kabinettstück, „Gige“ im zweiten Akt, Marie und Drosselmeier im ausgelassenen Duett zwischen „Variations des hommes“ mit Claudio Cangialosi, Jón Vallejo, Davit Vardanyan und Denis Veginy und „Die tanzenden Leutnants“ mit den sprungfidelen Maik Hildebrandt, Jan Oratynski und Ian Whalen. Yumiko Takeshima und Guy Albouy sind das „klassische“ Paar, Maries große Schwester und der von ihr angehimmelte Kadettenhauptmann Günther. Takeshimas Klarheit ist von bezwingender Eindringlichkeit, Albouys jugendlich romantischer Gestus nimmt für sich ein, dazu beider technische Brillanz, eben ein klassisches Paar.

Im großen Ensemble der Geburtstagsgesellschaft, in den Divertissements des zweiten Aktes, fügen sich die Studierenden der Palucca Schule als Mitwirkende im Rahmen des Eleven-Programms in bemerkenswert guter Symbiose in die Kompanie ein.

Kleines Foto: suze | photocase.de

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