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Wer zum Teufel ist Naumann?

Im Rahmen der diesjährigen Europawoche wird am Sonntag, 13. Mai 2018 um 16 Uhr eine besondere Veranstaltung der Johann-Gottlieb-Naumann-Gesellschaft e.V. im Dresdner Coselpalais zu erleben sein. Es erklingen Lieder und Kammermusik des nahezu vergessenen Hofkapellmeisters Johann Gottlieb Naumann, dessen beispiellose Karriere am 22. Oktober 1801 im Dresdner Großen Garten mit einem Schlaganfall endete.

Johann Gottlieb Naumann (1741–1801). Quelle: Eduard Sommer [Public domain], via Wikimedia Commons
Von Italien über Deutschland, Dänemark und Schweden spannen sich der künstlerische Bogen und die Wirkungsstätten von Johann Gottlieb Naumann (1741–1801). Er war einer der gefragtesten Komponisten und Musiker des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Naumann pflegte Kontakte zu vielen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit wie dem preußischen König Friedrich II., Friedrich Schiller und Christian Gottfried Körner. Als Vorgänger Richard Wagners beeinflusste er maßgebend das sich bildende bürgerliche Konzertwesen in Dresden, trat der Freimaurerloge bei und symbolisiert den Beginn eines neuen, weltoffeneren und liberaleren Sachsens. Bereits in den 1990er Jahren leitete eine Naumann-Gesellschaft unter der Leitung von Franns-Wilfrid von Promnitz eine Renaissance der Naumannschen Musik ein. Seit Gründung der Internationalen Johann-Gottlieb-Naumann-Gesellschaft e.V. unter Schirmherrschaft von Herbert Blomstedt im Jahr 2016 wird nun verstärkt dem Wirken und den Werken des Komponisten Augenmerk geschenkt. Dabei stehen wissenschaftliche Abhandlungen wie Werkverzeichnis und biografische Betrachtungen ebenso im Fokus wie zeitgemäße Aufführungen der Werke in unterschiedlichen Konzertformaten.

Die Kammermusik nimmt im Naumannschen Schaffen einen gewichtigen Raum ein. Viele seiner lange vergessenen, unterhaltsamen und reizvollen Kompositionen sind in den Bibliotheken Europas überliefert und erscheinen nun in modernen Notenausgaben unter Mitwirkung der Internationalen Johann-Gottlieb-Naumann-Gesellschaft. Einen ersten Einblick, oder besser beschrieben, einen ersten Höreindruck in diese Editionen erlaubt das Konzertprogramm »Wer zum Teufel ist Naumann? – Ein Sachse mit Weltruhm und ein European Networker«.

Es werden Violin- und Klaviersonaten sowie Vertonungen von Texten aus der Feder Goethes und Schillers zu hören sein. Stilistisch stehen diese Werke klar im klassischen Kontext, insbesondere was die Melodik und Harmonik betrifft. Formal gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte an die barocke Ästhetik, die Naumann noch teilweise aufgegriffen hat. Insofern stellen die zu hörenden Sonaten interessante Klangdokumente des sogenannten empfindsamen Stils als Übergang zwischen Barock und Klassik dar. Wahrscheinlich sind alle Werke als Erstaufführungen zu erleben – zumindest ist nicht bekannt, dass sie zuvor bereits erklungen wären!

Als Interpreten sind Romy Petrick (Sopran), Lenka Matějáková und Annett Baumann (Violine), Marc Kirsten und Liana Bertók (Klavier) beteiligt; durch das Programm führt der Schauspieler und Dramaturg Johannes Gärtner, der mit Texten Leben und Zeit Naumanns erwachen lässt. Die Texte beruhen auf einer Zusammenstellung des Dresdner Theaterwissenschaftlers Jens-Daniel Schubert und der neu erschienenen Biographie Naumanns, die von Romy Petrick, der Sängerin des Abends, verfasst wurde.

Die Maßnahme wird im Rahmen der Europawoche mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes.