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Frauenkirche als Familienthema: Daniel Hope wird Künstlerischer Leiter des Hauses

Der Geiger Daniel Hope kennt die Konzertpodien der Welt. Und er kennt die Dresdner Frauenkirche, wo er schon vier Mal gastierte: „Es ist keine Kirche, es ist kein Konzertsaal, sondern einzigartig, unvergleichlich. Es ist eine große Herausforderung, mit dieser Geschichte klarzukommen.“

Fotos: Tibor Bozi

Die gleichnamige Stiftung, zuständig für die Bespielung des wiederaufgebauten Hauses, hat nun die Position eines Künstlerischen Leiters geschaffen und Daniel Hope dafür gewonnen. Eine Idealbesetzung: denn der 1973 in Südafrika geborene, dann vor allem in England aufgewachsene und heute mit Frau und Kind in Berlin lebende Musiker sieht just diese Frauenkirche als langjähriges Thema seiner Familie. Wiewohl er in der Schule mit der „englischen Seite der Geschichte“ konfrontiert worden sei, also zunächst von der so sinnlosen wie grausamen Zerstörung Coventrys durch die deutschen Nazis und ihre blinden Haufen von Mitläufern gehört haben dürfte, war ihm die Bombardierung von Dresden durchaus bekannt, lange bevor er einen Fuß in die Stadt setzte.

Als er 2011 zu seinem ersten Konzert in die Frauenkirche kam, musste er erst einmal innehalten und staunte sowohl über das Äußere als auch über das Innere dieses Baus. Vor allem sein großartiger Mentor Yehudi Menuhin sei es gewesen, der ihm persönlich die Bedeutung des Wiederaufbaus vermittelt und mit einer ganzen Reihe von Benefizkonzerten weltweit Aufmerksamkeit für dieses Projekt geweckt habe.

„Yehudi Menuhin hat mehrfach seine Honorare gespendet, sie flossen direkt in den Aufbau. Wenn er an etwas geglaubt hat, dann konnte er die Leute davon überzeugen,“ erinnert sich Daniel Hope. „Das musst du mitmachen, hat er immer gesagt. Daher war die Frauenkirche oft ein Thema in unserer Familie. Jetzt habe ich die Chance, ein bisschen mitzuhelfen, dass diese Botschaft weiter transportiert werden kann, sowohl in Deutschland als auch international.“

Daniel Hope ist also durch und durch fasziniert von Dresdens Frauenkirche und der mit ihr verbundenen Geschichte, die er ab sofort künstlerisch mitgestalten kann. Der Geiger will das Musikprogramm mit einer eigenen künstlerischen Handschrift prägen. Bereits das Programm für 2019 habe er zu verantworten und weiß, „das wird sportlich.“ Denn normalerweise laufen die Planungen in der Musikwelt heute sehr langfristig. Es hätten sich aber umgehend zahlreiche Künstler bei ihm gemeldet, die diesen Ort gerne bespielen wollten (so ganz dicht kann das gut gehütete Geheimnis um diese Personalie also nicht gewesen sein).

Doch er wolle sowohl eine Vernetzung der Dresdner Musikinstitutionen betreiben als auch einen deutlichen Fokus auf die künstlerische Nachwuchsförderung und die Gewinnung jüngerer Publikumsschichten setzen. „Hier werde ich sozusagen meine eigene musikalische Reihe kreieren. Dieses Amt darf ich jetzt fünf Jahre ausüben, was für mich eine besondere Freude ist, weil es mir nicht nur darum geht, große Namen herzuholen, sondern ein thematisches Gefühl für den Ort und für die Musik zu entwickeln, dass man sagt, neben diesen wunderbaren Konzerten in Semperoper, Philharmonie und Musikfestspielen gehen wir in die Frauenkirche, weil wir dort auch etwas Einzigartiges erleben möchten.“

Bisher hatte der Konzertreferent Ralf Ruhnau die Programmplanung verantwortet, den Hope nun ausdrücklich würdigen wollte: „Ralf Ruhnau hat eine fantastische Arbeit geleistet.“ Beide haben auch gemeinsam mehrere Projekte bestritten. Künftig werde Hope vor allem mit Frauenkirchenkantor Matthias Grüner zusammenarbeiten, um spannende Projekte für die Zukunft zu erstellen. Ein Name dürfte da gewiss eine besondere Rolle spielen: Johann Paul Westhoff, 1656 in Dresden geboren, war als Geiger und Komponist ein Vorreiter des Barock, ist heutzutage aber nahezu unbekannt.

Dass der immer wieder als Stargeiger bezeichnete Musiker Daniel Hope vor wenigen Tagen mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt und nahezu zeitgleich im von ARTE und NDR koproduzierten Dokumentarfilm »Daniel Hope – Der Klang des Lebens« porträtiert worden ist, spielte bei der Präsentation seiner künftigen Verpflichtung für die Frauenkirche keinerlei Rolle. Der Vollständigkeit halber sei dies hier angefügt. Ebenso der Hinweis auf das nächste Konzert von Daniel Hope: Am 11. November wird er gemeinsam mit dem Barockorchester l’arte del mondo in der Frauenkirche unter anderem Kompositionen von Antonio Vivaldi aufführen. Die filmische Dokumentation ist am 19. Oktober sowie am 9. November wieder in Dresdner Kinos zu sehen.