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Zwischen Ehe und Revolution

Und wieder fahren Minna und Richard mit Kutsche in den Hof. Ein sächsischer Zöllner „gontrolliert de Goffer“… Im Hof des Jagdschlosses Graupa, jenem Ort an den Elbhängen östlich von Dresden, an dem Wagner 1846 seinen wohlverdienten Sommerurlaub verbrachte. Der authentische Ort inspirierte Johannes Gärtner zu seinem musikalischen Sommertheater »Wagners Welt: Dresden«, das im Sommer des Wagner-Jubiläumsjahres 2013 seine Uraufführung hatte. Zweitausend Besucher fanden an vier Abenden zum launigen Spektakel im romantischen Milieu des Schlosshofes vor barocker Fassade. Jetzt, im dritten Jahr, finden die Spielabende am 3. und am 4. Juli statt.

Das Stück

Wagners Dresdner Jahre (1842 bis 1849) sind spannungsreich aufgezogen zwischen Ehekomödie, Theaterintrige, Reformbestrebung und Revolution. Hintermalt von der Posse der steten Knappheit, die es dem Schuldenkönig Wagner nicht ermöglicht, seinen Fuhrmann, seinen Buchhändler und den Eiermann zu bezahlen. Die Wagnerspiele um Richards und Minnas Dresdner Zeit leben als Musikdrama auf in Szenen realistischer Spielweise, Tableaus, Clown- und Volksszenen. Der gesamte Schlosshof ist Bühne, bespielt wird insbesondere der Sandsteinumgang vor dem Gebäude.

Fotos: PR
Fotos: PR

Das Publikum sitzt inmitten des Hofes und nimmt die Rolle als Opernbesucher, Revolutionsvolk und Bürgerversammlung ein. Mit dem Orchester an zentraler Stelle, das bei bester Akustik keine Verstärkung braucht, steht Wagners musikalisches Schaffen während seiner Dresdner Zeit im Mittelpunkt. In Persona seiner grünspan-bronzenen Büste, die vor dem Tor zum Schlosshof wacht, darf sich der Meister an den zu ihm wehenden Hits aus den Opern „Tannhäuser“, „Rienzi“, „Der fliegende Holländer“ und natürlich dem Ort Graupa schuldig „Lohengrin“ erfreuen. Auch wird er nichts dagegen haben, dass Georg Wieland Wagner, der trotz des Namens kein Verwandter Richards ist, Zwischenmusiken für das Wagner-Spiel komponierte; wie auch, dass Johannes Wulff-Woesten dirigiert. In schon bewährter Kooperation spielt die Nordböhmische Philharmonie Teplitz mit kleinem Orchester.

Das Team

Johannes Gärtner schrieb das Buch, führt Regie, ist als Produzent mit seiner Agentur CERCA DIO in finanzieller Verantwortung und veranstaltet die Richard-Wagner-Spiele unabhängig von den Wagner-Stätten Graupa. Mit Enthusiasmus und guter Zurede hat er das Ensemble aus namhaften Dresdner Schauspielern und Sängern, wie auch Laien rekrutiert. Robby Langer überzeugt als Richard Wagner, Ewa Zeuner als dessen Minna, die am Ende des Spiels, wenn Wagner aus Dresden flüchten muss, ihren Ehering vom Finger zieht. 9233172358_a9047ee7ab_hIngeborg Schöpf als Diva Wilhelmine Schröder-Devrient bietet sich Wagner zum Techtelmechtel an, was dieser übergeht. Mit den Rollen Tenor Tichatschek, Gottfried Semper, Intendant Lüttichau, Robert Schuhmann und weiteren Mitspielern addiert sich die Personage des Ensembles auf vier Sänger, sieben Schauspieler, siebzig Chorsänger, vierzehn Musiker, 32 Tänzer und Kleindarsteller und zahlreiche freiwillige Helfer sowie das leidenschaftliche Produktionsteam. Dazu braucht es noch die Hilfe vieler Kultur-, Musik- und Theater-Begeisterter aus dem Ort, die mitwirken oder das Projekt finanziell unterstützen. Nahezu der ganze Verein Pro-Graupa e.V. ist tätig dabei, der Richard-Wagner Chor des Ortes wie die Singgemeinschaft Harmonie und auch die Ortsfeuerwehr. Öffentliche Förderung erhält die Produktion von der Stadt Pirna, vom Freistaat Sachen und vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond.

Salon der Experten

Foto: P.B.
Foto: P.B.

Auch in diesem Jahr findet im Saal des Lohengrinhauses 18.30 Uhr vor den Aufführungen der der WAGNER SALON mit Expertengespräch zum Thema der Aufführungspraxis von Wagners Musik statt. Gäste sind am 3. Juli der Orchesterleiter der Nordböhmischen Philharmonie Teplitz, Albrecht Müller, und Dr. phil. Markéta Tautrmanová sowie am 4. Juli der Dirigent Prof. Hartmut Haenchen, welcher aus seinem Buch »Werktreue und Interpretation« liest. Moderiert wird der Salon von Dr. Peter Ufer.

Der umtriebige Theatermann Gärtner, der deutschlandweit mit Programmen zu Schiller, Schumann, Schubert und Wagner unterwegs ist, plant weiter. Die Wagner-Spiele-Graupa sollen zu einer Trilogie werden. In Zweijahresrhythmus aufgeführt, 2017 »Wagners Welt: EXIL«, danach »Wagners Welt: BAYREUTH«. Und auch Gastspiele in der Partnerstadt Pirnas auf Schloss Decin, das eine ähnliche Open-Air Szenerie bietet wie Graupa, ist angedacht. Viel zu tun und Durchhaltekraft wünschen wir!

Open-Air »Wagners Welt: DRESDEN«
3. und 4. Juli 2015, 20 Uhr
Richard-Wagner-Stätten Graupa, Tschaikowsky-Platz, Pirna Ortsteil Graupa
Eintrittskarten 28/20 €, Kinder bis 12 Jahre frei. Eintrittskarten gelten als Fahrschein am Aufführungstag im gesamten VVO-Verbundraum
»Wagner Salon« jeweils 18:30
Eintrittskarte für Spiele gilt auch für Salon, Anmeldung Tel. 03501-461965-0 wegen begrenzter Platzzahl erforderlich