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Historisch brisant, politisch aktuell

Bildschirmfoto 2014-11-26 um 20.26.43Dass der Dalcroze-Saal im Festspielhaus Hellerau zum jüngsten Konzert der Reihe Feature-Ring am Donnerstag proppevoll gewesen ist, kann mindestens zwei gute Gründe haben: Erstens hat es sich herumgesprochen, dass die Initiatoren vom Ring-Trio immer wieder für Überraschungen sorgen, die aufgeschlossene Leute nicht verpassen sollten. Zweitens ist der diesmalige Gast wirklich kein Geheimtipp mehr gewesen, sondern sowohl in der Theaterszene als auch auf dem musikalischen Markt bestens bekannt. Wenn Christian Friedel in den Feature-Ring zieht, will man dabeisein und scheint das Publikum einen würdigen Querschnitt aus jüngeren wie älteren Generationen abzubilden, aus Stammgästen des Schauspielhauses ebenso wie aus jenen der Clubs. Sie alle wirkten aber erst einmal reichlich konsterniert, als Christian Friedel zum von Felix Otto Jacobi (Bass), Demian Kappenstein (Schlagzeug) und Simon Slowik (Piano) flauschig ausgelegten Jazzteppich aus Georg Büchners „Danton“ rezitierte. Drei Varianten des messerscharfen Textes um jene unvergessenen Revolutionäre, die ihre eigene Revolution auffraßen. Zu Kindern hat es bei vielen gar nicht gereicht, viel zu rasch schon waren die aufbegehrenden Lebensfäden wieder abgeschnitten.

Viel zu kurz nun schien diese performative Darbietung eines bekennenden Bühnenhelden. So gleichermaßen historisch brisant wie politisch aktuell ist noch kein Konzert dieser äußerst vielfältigen Improvisationsreihe gewesen. Was auf diesen energiegeladenen Einstieg folgte, war dann ein gleichsam abenteuerlicher Mix aus Shakespeare, Friedel, Feature-Ring und „Woods of Birnam“. Eine gute Handvoll von Titeln dieser Friedel-Band, die gerade erst ihr jüngstes Album veröffentlicht hat, wurden nun in aberwitzigen Trio-Arrangements präsentiert. Ein Wagnis zwar für alle Beteiligten (einschließlich Theater- und/oder Konzertpublikum), aber eins, das sich sehr gelohnt hat und die jubelnden Fangemeinden durchaus geeint hat. Ob „The Healer“, ob „Closer“, da keimten sanglich ergreifende Momente auf, die von einem sehr selbstbewusst experimentierenden Sound getragen worden sind. Ältere und unbekanntere Titel wie „Isolation“ oder die Uraufführung (!) von „My Rude Ignorance“ kündeten stilistisch wie inhaltlich von deutlich originärem Ausdruckswillen. „Ausgefriedelt“ ist da, bei aller medialen Präsenz des Bühnen-, Leinwand- und Konzerthelden, also noch längst nichts.

Für den 15. Dezember ist das nächste Konzert dieser durch halb Dresden getourten und nun in Hellerau bestens angekommenen Reihe des Ring-Trios angekündigt. Dann wird der Saxofonist Johannes Enders zu Gast sein, der erst im Sommer seine neue CD „Mellowtonin“ vorgestellt hat. Die Sache mit den Überraschungen geht also weiter – und auch das Jahr 2015 soll ein Feature-Ring-Jahr werden, wurde versprochen.