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Tanz-Tausch-Ring frei für Sachsen

Das LOFFT ist das Tanzzentrum freier Produktionen der Stadt und weitet durch Gastspiele und Koproduktionen den Blick auf das nationale und internationale Geschehen. Das hat sich herum gesprochen. Wie wäre es sonst möglich, dass nach Köln und Tilburg in den Niederlanden, einem Ort der Innovationen in Sachen Tanz, das LOFFT als Ausrichter der aktuellen Ausgabe der 2011 von Mechthild Tellmann in Köln ins Leben gerufenen Tanztauschidee Aufnahme in diesen Ring gefunden hätte? Unglaublich, dass die Zukunft des Ortes in den Sternen steht.

Diese und andere Unsicherheiten für den Tanz waren Themen, um die es in einer von Sebastian Göschel moderierten Podiumsrunde ging. »Tanzland Sachsen? Eine Kunstform und ihre Chancen«, so der Titel. Dirk Förster als Geschäftsführer des LOFFT hatte Bea Kiesslinger vom Dachverband Tanz in Deutschland eingeladen. Man hörte gern dass die Anerkennung für die flüchtigste der darstellenden Künste auf der Bundesebene durchaus da ist, dass dies beachtliche finanzielle, institutionelle und politische Konsequenzen habe. Was Bea Kiesslinger über Förderbedingungen in Baden Württemberg berichtete, mag für manchen Sachsen märchenhaft klingen. Gleiches gilt für die Berichte von Mechthild Tellmann aus Köln und die Bedingungen in Nordrhein-Westfalen.

Dabei ist es ja nicht so, dass dem Tanz in Sachsen keine Anerkennung, keine Förderung zukäme; dazu machte Johannes Schiel von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen verlässliche Aussagen. Mario Schröder, Ballettdirektor und Chefchoreograf des Leipziger Balletts, berichtete von Licht- und Schattenseiten an einem der größten Stadttheater Deutschlands. In Sachsen belasten zu viele Unsicherheiten den Freiraum für die kreative Arbeit. Es fehlt die institutionelle Förderung einer Vermittlungsstelle, etwa einer Geschäftsstelle des Landesverbandes der Freien Theater, der den Tanz vertritt; es fehlt an Produktionsbedingungen und Studios.

»A Short Odyssee I Woman« (Foto: Nikola Kostic)

Leider fehlte in dieser so sachlichen wie anregenden Runde ein Politikvertreter. Woran es beim 1. Tanztausch-Festival in Leipzig nicht fehlte, waren so interessante wie unterschiedliche Beiträge in der Programmgestaltung. Schon nach dem ersten Abend mit drei kurzen Beiträgen aus Köln und Tilburg war bei unterschiedlichen Eindrücken der Arbeiten von Reuth Shemesh aus Köln mit ihre Choreografie »The Virgin´s Voice« und von Jelena Costic mit »A Short Odyssee I Woman«, die Lust auf mehr geweckt. Einen tollen Festivaleinstieg brachten drei akrobatische Tänzer in »Go Tell The Woman (We Are Leaving)« mit der so flotten wie humorvollen Choreografie von Pia Meuthen aus Tilburg.

»Neurosen und Altlasten« (Foto: Marina Schutte)

Gespannt war ich auf eine Arbeit des Kölner Michaeldouglas Kollektivs, das schon eine Woche zuvor angereist war und in einem „One Week Stand“ mit Mitgliedern des Tanzlabors Leipzig gearbeitet hatte. Bei den Leipzigern handelt es sich um Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Im grandiosen Ergebnis wird das Thema Tanztausch zum berührenden Tanzaustausch. Der Abend wurde dann noch schön schräg und bunt mit einem regelrechten Satyrspiel. Sylvana Seddig aus Köln beschäftigt sich mit »Neurosen und Altlasten« und präsentiert als erste eigene choreografische Arbeit eine so abgefahrene wie absurde Parodie als Psychotanz und Mix aus Tanz, Theater und Performance, auf der Suche nach dem 'Ich', dem 'Mir' und dem 'Mich'. Zu Ende ging das Festival ging mit mehreren Episoden eines langfristig angelegten Projekts von Silke Z. aus Köln: »Unter Uns! Das Generationenprojekt«. Das Buch dazu wurde im Theaterwissenschaftlichen Institut der Universität vorgestellt. Zwei Episoden, die in Leipzig zu erleben waren, wurden zum Tanztreffen der Jugend im Rahmen der Berliner Festspiele eingeladen. Es sind die Episoden der U20 Generation, zwei junge Frauen, zwei Junge Männer unter 20, die cool in Kürzeln aus dem Facebook-Vokabular reden.

Entscheidend aber ist, was sie nicht sagen. Da beginnt der Tanz, das ist die bessere Sprache für die Träume von Freiheit und Übermut.

»Unter uns« (Foto: PR)

Es geht auch um Vergänglichkeit, die findet bei den jungen Protagonisten anderen Ausdruck als in einer Episode der Ü50 Generation. Hier treffen ein Tänzer und ein wortgewandter Lebenskünstler aufeinander. Die Probleme ihrer Verfallsdaten sind offensichtlicher. Sie setzten Erinnerungen dagegen, auch hier beginnt die Wahrhaftigkeit wenn die Sprache aufhört und der Tanz beginnt.

Könnte es einen besseren Aspekt zum Finale dieses dieses Festivals geben? Tanz im Tausch gegen Worte. Der Tanztausch geht weiter, im Dezember in Köln. Mindestens fünf Beiträge aus Sachsen sind angekündigt.