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Neue Regiehandschriften, »Freischütz« für alle

Daniela Sindram wartet auf ihren kavaliersmäßigen Auftritt… (Foto: Matthias Creutziger)

In ihrer Jahrespressekonferenz hat die Mannschaft der Semperoper die neue Spielzeit 2014/15 der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Spielzeit, die noch wesentlich die Handschrift von Ulrike Heßler trägt und in schwierigen Zeiten auf die Beine gestellt wurde; bekanntermaßen ist der neue Intendant Serge Dorny vor einem Monat des Feldes verwiesen worden. Im A4-Katalogformat gibt sich das neue Programm hochglanz-bunt, auf dem Cover wartet ein Kavalier auf einem typischen Semperoper-Probensaalstuhl, der so auch einmal zu seiner Ehre kommt, mit einem Strauß Rosen auf seine Angebetete und wirkt dabei doch ein wenig nachdenklich – ein vieldeutiges Auftaktfoto. Natürlich geht es 2014 auch weiterhin um Richard Strauss – die "Strauss-Festtage" im November bringen als Koproduktion mit den Salzburger Osterfestspielen die "Arabella" (mit Renée Fleming in der Titelpartie) auf die Bühne, zudem wird es Wiederaufnahmen von "Daphne", "Capriccio", "Elektra" und "Der Rosenkavalier" und dem Ballettabend "Legenden – Hommage an Richard Strauss" geben, außerdem Liederabende von Anja Harteros und Thomas Hampson sowie den "Rosenkavalier"-Stummfilm, der 1926 an der Dresdner Semperoper uraufgeführt wurde.

2015 wird es dann einmal keine großen Komponistenehrungen geben, stattdessen feiert das Haus "30 Jahre dritte Semperoper" – die Eröffnung 1985 wird 2015 mit einer Neuinszenierung der Oper »Der Freischütz« von Carl Maria von Weber gewürdigt (Premiere 1. Mai, Regie: Axel Köhler), die von Christian Thielemann geleitet wird und – als Geschenk für die Dresdner – open air auf den Theaterplatz übertragen wird. Die Reihe des französischen Schwerpunkts und der Neuinszenierung von Mozart-Opern wird fortgesetzt. Die erste Premiere gilt aber einem Dresdner Komponistensohn, der früh verstorben heute fast vergessen ist, aber als genialer Hund galt: Peter Ronnefelds schrille Kurzoper »Nachtausgabe« erklingt gar als Deutsche Erstaufführung zum 50. Todestag des 1935 in Dresden geborenen Komponisten. »Das schlaue Füchslein« von Leoš Janáček hat am 18. Oktober 2014 Premiere; die Inszenierung besorgt Frank Hilbrich, Tomáš Netopil hat die musikalische Leitung.

Neue Regiehandschriften zeigen sich in zwei weiteren Premieren. Àlex Ollé aus dem katalanischen Regiekollektiv La Fura dels Baus inszeniert Claude Debussys »Pelléas et Mélisande« (Premiere 24. Januar 2015) mit Camilla Tilling und Phillip Addis in den Titelpartien, Mikko Franck hat die musikalische Leitung. Diese Oper ist auch die einzige Produktion, die aus der Hand von Serge Dorny zur Aufführung kommt. Letztmalig wurde der »Pelléas« in Dresden 1978 von Harry Kupfer in Szene gesetzt.

Zuvor inszeniert Jetske Mijnssen Engelbert Humperdincks Märchenoper »Königskinder«, die am 19. Dezember Premiere hat.  Der Regisseur Johannes Erath schließlich setzt mit »Le nozze di Figaro / Die Hochzeit des Figaro« den Da-Ponte-Zyklus an der Semperoper fort, Omer Meir Wellber dirigiert (20. Juni). Semper 2 wartet mit einer Uraufführung auf – die Italienerin Lucia Ronchetti hat die Kammeroper »Mise en abyme – Wiederspiegelung« komponiert und setzt sich damit erneut mit dem barocken Theater auseinander – diese Produktion wird auch die "Intermezzi"-Reihe beschließen. In der  Jungen Szene wird es ebenfalls ein neues Werk geben – Helmut Oehring wird den Lindgren-Stoff »Die Brüder Löwenherz« für ein Musiktheater für Kinder ab 8 Jahren vertonen. Dies wird mit Sicherheit eine spannende Herausforderung für Auge und Ohr.

Ballettdirektor Aaron S. Watkin stellte zwei Ballettpremieren in Aussicht: »Tristan und Isolde« in der Choreographie von David Dawson und »Impressing the Czar«, ein großer Tanzabend von William Forsythe. Dazu wird es ab dem 25. Juni 2015 zum ersten Mal ein Internationales Tanzfestival in Kooperation mit HELLERAU und der Palucca Hochschule für Tanz geben, wo neben den beiden neuen Stücken auch »Schwanensee« und »Nordic Lights« erneut vorgestellt werden.

Die neue Spielzeit wird bestimmt von einer Mischung aus Bewährtem und neuen Ansätzen, die aber natürlich noch keine deutliche Richtung oder Vision aufweisen können, solange das Schiff Semperoper kapitänlos in der Opernsee treibt. Der kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Rothe versicherte, dass man in den offenen Positionen der Chefdramaturgie und des künstlerischen Beraters, der für die intendantenlose Zeit zusätzlich ins Boot geholt wird, sehr bald zu Entscheidungen kommen wird. Die Position des Opernchordirektors ist ebenfalls vakant. Bis zum Sommer finden hier Probedirigate statt. Während sich das Podium bei der Pressekonferenz auf die neuen Stücke und Vorhaben konzentrierte, waren die Nachfragen der Journalisten doch hauptsächlich auf das Thema der Intendanz gemünzt. Die Statements vom Team um Wolfgang Rothe konnten zwar noch von keinem enthusiastischen Neubeginn künden – der Schwerpunkt liegt jetzt am Haus darauf, das Schiff wieder in ruhige Gewässer zu führen, und da scheint man sehr zuversichtlich zu sein.

Der Vorverkauf startet am 28. März – Das neue Spielzeitheft der Semperoper zum Durchblättern