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Zentralismus im Jazz – wirklich nie wieder?

Luten Petrowsky an Saxofon und Flöten (Fotos: Matthias Creutziger)

Zwei Abende im Zeichen eines gewissen Zentralismus eröffneten Dresdens Jazz-Jahr 2014. Wo? Natürlich im Jazzclub Tonne. Wer? Zu Neujahr kann das nur das Zentralquartett gewesen sein. Richtig? – Richtig!

Seit Jahren gehört dieser Auftritt zum Dresdner Neujahrstag wie Miss Sophie und Butler James zum Fernsehprogramm an Silvester. Nur dass es hier nicht um ein „Dinner for One“ geht, sondern um ein Konzert für viele. Diesmal sollte es zum letzten Mal stattfinden, also wollten sehr viele dabei sein. Im Sandsteinkeller an der Königstraße ist der Raum aber begrenzt, daher überredeten die Veranstalter vom Jazzclub Tonne die vier Mannen vom Zentralquartett zu einem zweiten Konzert.

Günter Baby Sommer

Wer am 1. und/oder 2. Januar mit dabeigewesen ist, darf sich glücklich schätzen. Noch ein- oder gar zweimal die Legenden des ostdeutschen Freejazz gehört zu haben, zumal an einem Ort, dem dieses Vierergestirn der Improvisation besonders verbunden ist, schließlich spielen sie seit 2010 jedes Jahr zu Neujahr auf! Und auch das letzte, das insgesamt siebte Konzert dieses Quartetts in der Tonne (bereits 2008 gab es einen Dezember-Auftritt, der mit einer informativen Kabinettsausstellung verbunden war), ist alles andere als verflixt gewesen. Im Gegenteil, launig wie eh und mit einer Spielfreude wie je ging es zu.

Ernst-Ludwig (Luten) Petrowsky an Saxofon und Flöten (ja, Flöten im Plural, und beide gleichzeitig bespielt!), Posaunist Konrad (Conny) Bauer, Schlagzeuger Günter (Baby) Sommer sowie Pianist Ulrich (Uli) Gumpert brachten ihre Musik unter die Leute, als wäre sie ihnen eben erst eingefallen. Dabei sind regelrechte Ohrwürmer im Programm gewesen, denn das Zentralquartett in seiner heutigen Besetzung besteht seit 1984 unter diesem Namen, der Vorläufer namens Synopsis wurde bereits 1973 von denselben Herren gegründet.

Conny Bauer

Was sie damals hervorgebracht hatten, war eine Art Kreativgriff in Richtung Zukunft. Nur wenige wagten sich ähnlich ungebunden ans Improvisieren und kaum wem ist es gelungen, diese Freiheiten so bleibend populär auszuleben. Die Viererbande, wie sie gerne genannt werden, hat sich eine Frische bewahrt, die ansteckend wirkt. Zurück blieb und bleibt ein begeistertes Publikum, das auch zum x-ten Mal die bekannten Verfremdungen deutscher Volkslieder anhört, die spontanen Zwiegespräche von Saxofon und Posaune, die legendären Hits einer langen Ära des Jazz.