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Die Schule der Liebenden

Keine Berührungsängste oder Untertänigkeiten zeigt das Produktionsteam der »Szene 12« mit Mozarts Klassiker. Die Produktion wird seine bekannte Oper mit dem arglistigen Verkleidungsspiel um Liebe und Treue für Menschen von heute erzählen. Regisseur Toni Burghard Friedrich und Dirigent Michael Blessing scheuen sich dabei nicht einige kleine Änderungen vorzunehmen: Im Gewand einer Seifenoper erscheint das durch eine Wette entstandene Rollenspiel der zwei Freunde Ferrando und Guglielmo, die sich der uneingeschränkten Liebe der Schwestern Dorabella und Fiordiligi absolut sicher sind. Das durchtriebene und nicht unumstrittene Spiel der von Liebe Geblendeten scheint die moderne Fernsehunterhaltung perfekt widerzuspiegeln. Und so wird der Untertitel der mozartschen Oper »La scuola degli amanti« (zu deutsch: Die Schule der Liebenden) zum Titel einer Vorabendserie voller ironischer Spitzen. Den Kontrast zwischen heiterem Spiel um die Liebe und deren zeitgenössischer Parodie verstärkt die Aufführung in zwei Sprachen: Italienisch – die Originalsprache des Librettos von Lorenzo da Ponte – und Deutsch. Statt mit Orchester unterlegt, erklingt das Stück in Kammerbesetzung. Diese kommt neben zwei Violinen, je einer Viola, Violoncello und Kontrabass nur mit Flöte, Klarinette und Fagott aus. Bisher wurde diese Fassung von Malte Kroidl, von Ricordi verlegt, erst einmal gespielt und zwar in Hamburg.

Um derart ungewöhnlich wie ungeniert inszenieren zu können, wurde der Verein »szene 12 e.V.« gegründet. Darin stellen sich deutsche und österreichische Studenten aller in der Oper vereinter Künste (von Musik über Bühnenbild bis zur Regie) der Aufgabe, Musiktheater ohne Vorgaben und Schranken zum Leben zu erwecken und Experimente zu wagen. Im letzten Jahr konnte bereits Mozarts »Apollo und Hyacinthus« erfolgreich auf die Bühne gespielt werden. Seitdem ist das Team gewachsen und die Initiatoren (unter ihnen die oben genannten Ausführenden der laufenden Arbeit) schlossen sich zu einem Verein zusammen. In der aktuellen Produktion wird ein wirkliches Orchester spielen und es wird mehr Aufführungen als beim letzten Mal geben. Finanziell konnte die Szene 12 sich durch Auszeichnungen wie den Förderpreis der Hochschule für bildende Kunst Dresden eine Grundlage schaffen.

Dieser Entwicklung im praktischen und organisatorischen Umfang entspricht ein Sprung im künstlerischen. Die »Così« weist neben größerer Besetzung und Spieldauer weitaus schwierigere Stimmen auf. Zunächst schien die Idee Mozarts verruchtes Liebesprüfungsspiel zu inszenieren mehr ein Spaß, so Blessing, „aber dann haben wir festgestellt, dass es geht“. Die Hierarchien sind nicht streng und der Austausch groß. Jeder nimmt tatsächlich alle Aspekte der Produktion wahr, was im normalen Opernbetrieb nie möglich wäre, so Meinhardt Möbius (Guglielmo). Solche Flexibilität und viel Engagement ließen eine eigene »Così« schnell in fassbare Nähe rücken.

An Einsatzkraft und Mobilität fehlt es demnach nicht. Der Opernlandschaft in Dresden kann so eine Abwechslung nur gut tun. Die jungen Darsteller und Produzenten verwirklichen ihre ungehemmte Sicht und peppen diese Standardoper mit viel Ironie, schauspielerischem Elan und gekonnter Erweiterung durch moderne Medien auf. Eine Inszenierung für jeden Freund der Oper, der eine noch nie gehörte Kammerversion der »Così« erleben wird und jeden Liebhaber der Vorabendserien (und wer ist das nicht zumindest heimlich). Selten genug sind derart mutige Projekte und selten genug darf man seine geheime Vorliebe für schmalzige Liebesgeschichten so offen ausleben.

Für die Premiere am 26. September sind bereits alle Karten ausverkauft. Jedoch können Karten für die weiteren Vorstellungen am 30. September, 2., 3. und 5.Oktober und weitere Informationen online bestellt werden.

Text: David Buschmann
Foto: René Fußhöller