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„Songs for Kommeno“ erstmals in Hellerau

Günter Baby Sommer (Fotos: M.E.)

Griechenland, diese Wiege europäischer Kultur, steht heute beinahe ausschließlich für Euro-Krise und Staatsschulden. Doch dem Dresdner Jazzmusiker Günter Baby Sommer ist wichtig, dass es auch andere Themen gibt. Auch wenn sie Deutschlands dunkelste Vergangenheit berühren und eher nicht für wohlmeinende Schlagzeilen sorgen.

Die Vorgeschichte dazu hatte Sommer schon einmal im Interview mit »Musik in Dresden« erzählt: Im August 2008 war er zu einem griechischen Perkussionsfestival in einen ihm unbekannten Ort namens Kommeno eingeladen worden. Dort angekommen, berichtete ihm der Bürgermeister aus der Historie des Dorfes: Angehörige der deutschen Wehrmacht hatten dort am 16. August 1943 ein furchtbares Massaker verübt und 317 Menschen, vom Kleinstkind bis zum Greis, einschließlich einer Hochzeitsgesellschaft, grausam ermordet.

Zuerst habe Günter Baby Sommer sofort wieder abreisen wollen. Doch dann wollte er sich dieser Situation stellen, um dieses Datum und den Namen Kommeno nie wieder zu vergessen. Viel zu lang ist der Ort abseits großer Touristenrouten ist mit seiner Geschichte wie unter einer Glocke geblieben. Nach Kriegsende blieben die Täter – Angehörige der Ersten Gebirgsjäger-Division, schon im sogenannten Russland-Feldzug für ihre Grausamkeit berüchtigt – weitgehend straffrei und setzten ihre militärischen Karrieren in der Bundeswehr fort.
Auch deswegen hat der Schlagzeuger Günter Baby Sommer genau 69 Jahre nach diesem Massaker seine „Songs for Kommeno“ dort uraufgeführt. Jetzt kommen die Lieder erstmals nach Hellerau. Unmittelbar nach ihrer bewegenden Uraufführung sind sie bereits in Wien und Zürich sowie zum Jazzfest Berlin zu erleben gewesen.

Friedhof von Kommeno

Sommer sagt, er glaube an eine bessere Welt und wolle mit seiner Musik dazu beitragen. Er komponierte um die sehr urtümliche Musiksprache des von einer der wenigen Überlebenden gesungenen Klageliedes herum sein Klangprojekt, bei dem ihn Savina Yannatou (Gesang), Floros Floridis (Klarinette), Spilios Kastanis (Bass) sowie Evgenios Voulgaris (Yayli Tanbur) begleiten. Innige Dialoge wechseln darin mit unmittelbaren Anspielungen auf den geschundenen Ort. Mit dem Geläut von Röhrenglocken wird an die von den Deutschen zerstörte Kirche erinnert, deren Glocke seither in den Ruinen schweigt. Auf Partisanenkämpfe beziehen sich drastische Marschrhythmen, konträr dazu erklingen ganz sanft ein „Children Song“ sowie das den Heutigen Mut machende „Kommeno Today“.

Die „Songs for Kommeno“ sind ein Projekt des Dresdner Jazzclubs Tonne und wurden von der Bundeskulturstiftung gefördert. Ihre Dresdner Erstaufführung am 3. April im Festspielhaus Hellerau sollte niemand versäumen.

CD „Songs for Kommeno“, Intakt Records, Best.-Nr. 2922356