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„Zeitgenössische, avancierte Tonmalerei“

Der Film "Das Mädchen mit der Violine" erzählt eine moderne Version des Mädchens mit den Schwefelhölzern, dazu haben die Studenten Franziska Henke und Adrian Nagel ein 15minütiges Orchesterstück komponiert. Aufgeführt wird die Musik live zum Film am 8. Mai 2013 in der Hochschule für Musik. Milko Kersten, Dirigent des Dresdner Jugendsinfonieorchesters am Heinrich-Schütz- Konservatorium e.V. und Sebastian Blech von blaufilm plaudern aus dem Nähkästchen…

Foto: L.M.

Warum das Andersen-Märchen?

Sebastian Blech: Gute Frage, wir hatten einfach noch die Idee des Mädchens mit der Violine noch in einer der Ideen-Schubladen liegen und es passte gut zu diesem Projektkonzept, dass Musik, Orchester und Film ohne viel gesprochenen Text zusammenkommen. Dadurch kommt der Musik auch ein hoher Wert zu.

Milko Kersten: Es ging uns auch darum, nicht vordergründig das Vorurteil zu bedienen, Jugendliche interessieren sich nur für Unterhaltung. Wir wollen uns anspruchsvoll bewegen und suchten uns daher ein ernsthafteres Thema.

Das konkrete Storyboard und die Musik zum Film wurden parallel entwickelt…

Sebastian Blech: Die Geschichte des Märchens ist ja schon da.

Milko Kersten: Der besondere Ansatz dieses Projektes ist es, nicht Musik für einen schon fertigen Film anzufordern, sondern den Komponisten auch die Möglichkeit der Rückwirkung auf die Bildgestaltung des Films zu geben. Dadurch geben wir der Musik einen höheren Stellenwert und das ist sicherlich auch ein Punkt, der die Kompositionsstudenten gereizt hat, denn so können sie auch einbringen, was die Musik für Bilder braucht. Ein weiterer Vorteil in Bezug auf das Jugendorchester ist, dass wir im Gespräch mit den Komponisten die Musik auch auf das Orchester abstimmen konnten.

Wie ist diese Musik, funktioniert sie auch ohne den Film?

Milko Kersten: Es ist zeitgenössische, avancierte Tonmalerei. Tonklangimprovisation. Ohne dass es wehtut, verschreckt oder seicht ist. Das hat seinen eigenen Reiz, was uns da geschrieben wurde. Beim Hören geht man in seiner Fantasie in bestimmte emotionale Bereiche. Selbstverständlich hatten die Komponisten aber auch Bilder im Kopf, als sie die Musik schrieben; sicherlich hätten sie ein Konzert anders gestaltet.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit zweier Komponisten an einem Stück vorstellen?

Sebastian Blech: Die beiden meinten, wirklich an einem Stück zu zweit zu arbeiten, wäre sehr schwierig. Franziska Henke und Adrian Nagel haben sich entschieden, die Bereiche im Film – Realität und Traumwelt – aufzuteilen, so haben diese beiden Bereiche musikalisch nun verschiedene Handschriften, an den Übergängen haben beide zusammen gearbeitet.

Milko Kersten: Der Laie wird diese Unterschiedlichkeit auch bemerken, aber wenn man sich auf die Musik einlässt, bemerkt man auch, dass es ein Ganzes ist. Gerade diese Eigenheit macht die Orchesterproben sehr interessant.

Und wie reagieren die jungen Musiker darauf?

Milko Kersten: Wir haben viel Spaß beim Einstudieren, eben weil die Musik in ihrer Struktur hochanspruchsvoll ist. Ich möchte das Kunsthandwerk Filmmusik nicht abwerten, aber manche solche Filmmusik gefällt nach dem ersten Eindruck, wir bemerken aber beim mehrfachen Musizieren, dass sie keine Substanz sondern nur die Aufgabe, kurzzeitig eine Emotion herzustellen hat. Diese Musik ist zwar hörbar als Filmmusik konzipiert, aber dennoch hat sie einen ganz eigenen Anspruch entwickelt.

Die Finanzierung über das Crowdfunding Startnext läuft ja bisher noch nicht optimal…

Sebastian Blech: Leider, sie läuft noch wenige Tage. Wir haben auch Filmförderungen beantragt, allerdings laufen die Entscheidungsprozesse noch. Wenn wir nicht genug Geld zusammen bekommen, wird der Film trotzdem gedreht, wir werden nur Abstriche machen müssen, uns beispielsweise überlegen, ob es im Nachhinein eine DVD geben kann, oder wir am Set ein Zelt mit Verpflegung für die Schauspieler bieten können.

Wie geht es nach der Aufführung im Mai weiter?

Sebastian Blech: Der nächste Schritt wird sein, dass die Landesbühnen Sachsen zur Musik ein Ballett entwickeln, ohne den Film zu kennen. Wir wollen schauen, was passiert, wenn man Film und Musik zusammenführt und wie interpretiert ein Ballettchoreograf die Musik separat, wie wirkt die Musik in eine andere Richtung.

Milko Kersten: Die Arbeiten daran beginnen aber erst, wenn wir den Landesbühnen unsere Aufnahmen zukommen lassen. Die Ballettaufführung wird dann im Rahmen der Karl-May-Tage stattfinden, ich bin sehr gespannt, wie man beides verbinden wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

„Das Mädchen mit der Violine“ können Sie auf www.dresden-durchstarter.de/dm unterstützen.