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Nebenbühnen der Semperoper

Frau Dr. Hessler, die „kleine szene“ im Mary Wigmann Haus an der Dresdner Bautzner Straße war seit 1988 Spielstätte der Sächsischen Staatsoper für Kammer-Oper und -Ballett, für Experimentelles, für das „Junge Ensemble“ und Podium für genreübergreifende Aktionen aus Tanz, Wort, Musik. Das ist nun Geschichte …

Als Nebenspielstätte schon, denn das Haus war zu einem Stand verkommen, der ein weiteres Spielen dort nur nach umfangreicher Renovierung zugelassen hätte. Doch ist es nicht nur mein Anliegen, dass die Villa, in der die Tanzlegende Wigmann von 1920 bis zur Schließung 1942 durch die Nazis wirkte, ihrem Gedenken gewidmet bleibt. Als Erinnerungs- und Dokumentationsstätte für Tanz, für Veranstaltungen, die wir gemeinsam mit Hellerau-Europäisches Zentrum der Künste etwa, vorhaben. In welcher rechtlichen und Besitzkonstruktion, das ist noch offen.

Beginnt in Ihrer Ära nun wieder das Suchen nach Spielstätten für das, was im großen Haus nicht passt?

Wir suchen immer nach Spielstätten für Programme die man auf der großen Bühne nicht zeigen kann. Auch zusätzliche, weil das Haupthaus in Beschlag genommen ist von den großen Produktionen. Im elbseitigen Seitengebäude ließ sich in der Probebühne eine neue Spielstätte einrichten, als kubusförmiger Raum mit Tribüne für etwa 200 Zuschauer auf gleichem Holzboden wie die Bühne selbst, der Arbeits- und Experimentieratmosphäre ausstrahlt, kreative Schaffensprozesse sichtbar macht. Wichtig ist uns die Nähe zum Haupthaus nicht nur um junges Publikum an die Semperoper heran zu führen und zu binden sondern auch aus logistischen Gründen; die kurzen Wege für Sänger, Musiker, Bühnenwerker zur Infrastruktur des Hauses sind ideal. Mit der Umwidmung verlieren wir zeitweise einen Probesaal, was uns zwingt, nach Ersatz zu suchen.

Weiter haben wir Pläne für das andere an die Oper angebaute Haus, den sogenannten Gastronomie-Würfel, dessen Restaurant seit längerem geschlossen ist und dessen Zwischengeschoß überhaupt nicht genutzt war. Die Kantine soll aus dem Obergeschoß ins Erdgeschoß gelegt und darüber eine zweigeschossige kleine Bühne eingebaut werden. Den Werkstattkomplex dazu genommen, harrt das Ganze einer Neuordnung und dauerhaften Lösung. Doch haben wir das Versprechen des Freistaates, dass es wenigstens mit dem Ausbau des Gastronomieflügels weiterginge, wir hoffen spätestens 2012.

Sind Matinee-Aufführungen wie „Il Tutore“ mit einem Automobil-Salon auf der Vorbühne des Haupthauses so etwas wie die Einführung einer weiteren Spielstätte?

Es ist ein anderes, zusätzliches Format. Wir wollen Besuchern die nicht so opernaffin sind, auch denen die nur mal in eine Oper gehen oder die „Semperoper“ von innen sehen wollen, einen leichteren Einstieg in die Opernwelt geben, auch mit niedrigem Eintrittspreis. Deswegen werden wir die Reihe solcher Pasticii und Intermezzi fortsetzen, von denen es jedes Jahr eine neue Produktion geben wird.
Doch ist unsere Kreativität bezüglich anderer Spielstätten nicht darauf beschränkt. Wir werden aus dem Haus auch weiter heraus gehen. Das Ballett hat mit „On The Move“ schon fantastisch interessante Sachen gemacht vor allem den durchchoreografierten Tanz im ganzen Albertinum. Und wir werden noch weiter heraus gehen, zum Beispiel im großen Saal des Hygienemuseums spielen, in der Gläsernen Manufaktur wie auch in Hellerau produzieren. Im Augenblick aber sind wir schon froh mit "Semper 2" auf einer Nebenbühne so nahe am Haupthaus spielen zu können. 

Vielen Dank für das Gespräch.