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Ein Leben zwischen Hörsaal und Jazzclub

Seit fünf Jahren bist du bereits mit deiner Band unterwegs. Wie bist du eigentlich zur Jazzmusik gekommen und wie hast du dich weiterentwickelt?



Alles hat angefangen in den USA, in Nashville. Mein Traum war, es unbedingt nach Amerika zu gehen, mich dort auszuprobieren und meine eigene Musik zu machen. Also habe ich eine Band gegründet und mich selbst professionalisiert. Als ich zurück in Deutschland war, wollte ich daran anknüpfen. Somit hatte ich dann eine Band in Nashville und eine Band in den USA. Jedes Jahr im Sommer fliege ich nach Nashville, um da Musik zu machen – ich bin quasi ständig auf beiden Kontinenten unterwegs.

Foto: PR

Weiterentwickelt habe ich mich in den letzten fünf Jahren auf alle Fälle vom Gesang her und von meiner Art zu komponieren, aber auch von der Administration. Ich leite die Band, die übrigens seit der Gründung fast vollständig in der gleichen Besetzung spielt, kümmere mich um die Außenwerbung und organisiere die Konzerte und das Booking. Wir bekommen tolle Angebote, kommen viel herum und werden wieder gebucht – das ist natürlich die beste Referenz, wenn man wieder eingeladen wird! 


Wie sieht denn ein ganz normaler Wochentag von dir aus? Studium, Karriere und Leben ist doch sicher schwer unter einen Hut zu bringen!?

Heute beispielsweise bin ich 06:30 Uhr aufgestanden. An manch anderen Tagen ist es aber auch schon mal 05:00 Uhr, damit ich möglichst viel schaffe – außer ich habe am Abend Konzert. Nach dem Aufstehen habe ich die Proben für heute Abend vorbereitet, Noten arrangiert und mich um die Administration gekümmert, das heißt E-Mails beantworten, Veranstalter kontaktieren und mit meinem Manager telefonieren. Um 09:00 Uhr musste ich dann los zu Uni, wo es erstmal abschalten und lernen hieß. Jetzt habe ich gerade Mittagspause – die darf ich heute mal mit dir verbringen, aber sonst habe ich andere Interviews oder muss irgendetwas organisieren. Anschließend heißt es nochmal ab in den Hörsaal und heute Abend treffe ich mich mit meiner Band zur Probe. In der Regel bin ich dann so zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr zu Hause, dann muss ich noch Hausaufgaben erledigen und eventuell noch nacharbeiten, was ich morgens nicht geschafft habe. Selten komme ich vor Mitternacht ins Bett.

Lässt dieser straff organisierte Plan überhaupt Zeit für Privatleben oder einen Freund?

Ich habe einen tollen Freund! Ihn habe ich in New York kennen gelernt, er ist Belgier, spielt Saxophon und ist extra für mich nach Dresden gezogen und arbeitet jetzt als Ingenieur bei einer großen Firma. Als Tontechniker unterstützt er mich bei meinen Konzerten und wenn er gute Laune hat, greift er auch mal zum Saxophon. Er sagt von sich selbst, dass er mein größter Fan ist.

Am 11. November wirst du mit deinem Programm „Fünf Jahre – My American Songbook“ wieder auf einer Dresdner Bühne stehen. Wie kamst du auf die Idee zu diesem Konzert, wie lange bereitest du dieses schon vor und was erwartet die Besucher?



Das, was wir in diesem Konzert auf die Bühne bringen, ist ein Rückblick, quasi ein „Best of“ aus den letzten fünf Jahren. Ich singe verschiedene Songs, die ich mit meiner Band in Deutschland und mit der Band aus den USA erarbeitet habe. Aus den über 1000 Songs, die ich bereits für mein Songbook, nach dem Vorbild des „Great American Songbook“ geschrieben habe, sind zwischen 50 und 60 produziert und in unserem Live-Repertoire. Aus diesen Songs haben wir unser Konzert zusammengestellt. Von „gute Laune“ Songs, Chanson, Pop und natürlich Jazz ist alles dabei. Ganz besonders freue ich mich auf die Dresdner Uraufführung von meinem neuen Song „Valentine“. Da ich das Konzert in Alleinregie, gemeinsam mit dem Jazzclub Tonne Dresden auf die Beine gestellt habe, muss ich mich auch um viele organisatorische Dinge, wie beispielsweise Flyer, Plakate und die Facebook-Fanseite, kümmern. 


Im letzten Jahr bist du ja auch bei den Dresdner Jazztagen aufgetreten, doch dein Konzert kam nicht bei jedem gut an. Pressekritiken reichten von „hervorragend“ bis hin zum Verriss. Wie hast du das aufgenommen und was hast du daraus mitgenommen?

Gefallen oder Nichtgefallen ist immer subjektiv. Musik polarisiert – der eine mag eher Klassik, der andere beispielsweise Jazz und das ist auch sehr gut so, denn dann kommen auch nur Leute zu meinen Konzerten, die meine Musik mögen. Die Leute, die ich erreichen möchte, bekommen auch das zu hören, was sie wollen. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, dass der Saal getobt hat und es dem Großteil der Besucher sehr gefallen hat. Geärgert habe ich mich nur, dass unwichtige Dinge, wie mein Outfit und die Farbe meines Drinks kritisiert wurden. Aber von jedem, der mich kritisiert, egal ob positiv oder negativ, kann man nur lernen.

Dein Konzert findet dieses Jahr nicht im Rahmen der Jazztage Dresden statt und ist kein offizieller Programmteil. Wie kam es zu dieses „Gegenveranstaltung“?

Letztes Jahr kam Kilian Forster, der Intendant der Dresdner Jazztage, auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich nicht als Nachwuchskünstlerin bei den Jazztagen auftreten möchte. Das war sozusagen dann der erste große Dresden Auftritt – groß im Sinne von large ensemble und Großer Bandbesetzung. Auch dieses Jahr hatten wir Gespräche mit Kilian Forster, aber aufgrund von Einsparungen wurden wir nicht in das Programm aufgenommen. Darum habe ich auf eigene Faust gemeinsam mit der „Tonne“ das diesjährige Konzert organisiert. Ich sehe es auch nicht als Gegen- sondern eher als Parallelveranstaltung zu den Jazztagen. Für mich und meine Band war es wichtig, unsere Freude an der Musik zu zeigen und auch dieses Jahr wieder ein Konzert auf die Beine zu stellen.

Die Jazztage finden dieses Jahr bereits zum sechsten mal in Dresden statt. Ist die Stadt aus deiner Sicht geeignet für diese Musikrichtung?

Ja klar, auf alle Fälle! Die Jazzszene ist sehr ausgeprägt, nicht zuletzt durch die Hochschule, aber ich finde nicht, dass sie zu überlaufen ist. Es gibt noch einige Sachen, die man verbessern kann in der Kulturlandschaft Sachsen. Viele Sachen haben meiner Meinung nach durch Kürzungen gelitten. Trotzdem finde ich es super, wie viele kleine Projekte in Dresden entwickelt und auch umgesetzt werden. Jazzpublikum ist auf jeden Fall da und das möchte natürlich auch bedient werden.

Würdest du sagen, dass dein Hauptschaffenszentrum in Dresden ist?

Klar passiert in Dresden das meiste. Hier proben wir und hier haben wir eine Vielzahl von Auftritten, aber wir waren auch schon in Bayern, Zittau und natürlich in den USA unterwegs. Beispielsweise zu den Jazz-Tagen in Berlin war ich schon mit meiner Band. 
Am 24. November werde ich mit meiner Band erstmals auf der Thüringer Jazzmeile spielen. Ein großes Event, auf dass ich mich ganz besonders freue, ist 2013 der Deutsche Kirchentag in Hamburg, auf dem wir spielen werden.

Um auf das Stichwort Kirche zurückzukommen: Du bist bekennender Christ. Inwieweit beeinflusst der Glauben deine Musik, und was für eine Rolle nimmt er in deinem Leben ein?

Meine Musik ist mein Leben und mein Leben ist auch mein Glaube. Ein paar meiner Songs sind Dankeslieder und Lobpreislieder. Ich singe sehr gern für und über Gott. Beispielsweise habe ich einen Jazz-Gottesdienst konzipiert und durchgeführt. Dabei werden Songs in englischer und deutscher Sprache, verschiedener Musikrichtungen in einen Gottesdienst eingebettet.

Wie lief dieser Gottesdienst dann ab? In einem Gottesdienst sitzen ja nicht nur Jugendliche. Wie hast du ältere, nicht englisch sprechende Menschen und vor allem Kinder in „deinen“ Gottesdienst mit einbezogen?



Für die Gemeinde habe ich einfache Mitsinglieder mit einfachen englischen Wörtern ausgesucht, so dass auch Leute, die kein Englisch sprechen, mit mir musizieren können. Ein Pianist hat sie dann begleitet. Die Kinder werden entweder zur Eröffnung oder zum Höhepunkt mit eingebunden – natürlich in deutscher Sprache. Inspiriert wurde ich durch die Gottesdienste in Tennessee (USA), wo ich für einige Zeit gelebt habe. Dort ist die Kirche sehr stark ausgeprägt und ganz anders entwickelt. Werte werden anders vermittelt, als wir es aus Deutschland gewohnt sind. Den Deutschen fällt es schwer, dies nachzuvollziehen, außer sie erinnern sich beispielsweise an den Gospel. Die Kirchenmusik ist dort eher poppig und lebendig, teilweise auch mit Elementen des Gospel. Die musikalischen Stile, die auch im normalen Leben funktionieren, werden in die Kirche getragen. Genau das habe ich auch versucht, in meinem Jazz-Gottesdienst zu konzipieren. Mein Ziel war es, den klassischen und altbewährten Gottesdienst lebendiger zu gestalten, aber trotzdem die Traditionen zu bewahren. So kann ich auf meine eigene ganz persönliche Art gegenüber Gott meine Dankbarkeit zeigen. Die Predigt habe ich aber dem Pfarrer überlassen…

Eins noch: Kürzlich hast du in der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben. Dein Produzent Johannes Gerstengarbe sagt in diesem Interview, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn ihr erst die neuen Songs produziert hättet und danach mit dem „neuen Image“ an die Öffentlichkeit getreten wärt. Was erwartet denn deine Fans und was ist dein neues Image?

Mein neues Image ist mein altes Image – das bin ich. Während des Sommers waren wir in Tennessee und haben ein großes Fotoshooting für die neue Homepage gemacht. In diesen Bildern soll auch die Musik eine große Rolle spielen und zur Geltung kommen. An meinem Stil oder an mir hat sich nichts geändert. Mein Produzent hat nur versucht, mich auf den Punkt zu bringen und mich besser an der Öffentlichkeit zu präsentieren. Schließlich arbeiten wir auf ein großes Ziel hin: einen lukrativen Plattenvertrag.

Vielen Dank für das Gespräch!

Marion Fiedler ist zusammen mit ihrer Band am 11. November ab 21:00 Uhr im Jazzclub Tonne Dresden zu erleben. Karten gibt es im Vorverkauf für 7€/10€ und an der Abendkasse für 10€/13€.