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Liebe, Sekt und Zärtlichkeiten

Mit viel Liebe, einem sicherlich feuchtfröhlichen Sektempfang (27. August) und einer Menge verbaler Vorschuß-Zärtlichkeiten zwischen Dirigent und Orchester wird die Dresdner Philharmonie in ihre nächste Saison starten. Anselm Rose, Michael Sanderling und Karen Kopp gaben schon mal einen Ausblick, was das Kulturpalastpublikum 2011/12 erwarten wird. Zum letzten Mal spielt das städtische Orchester dann im alten Saal; danach droht die Umbaupause.

Liebelei mit dem neuen Partner: Michael Sanderling freut sich auf die Saison (Foto: M. Borggreve)

Profilieren wollen man sich wieder mehr, kündigte der Intendant an. Die Zykluskonzerte stehen unter dem weit raumgreifenden Thema "Liebe", zehn liebreizende Abende wird Sanderling selbst dirigieren. Neue Impulse wird die Konzertreihe im Hygienemuseum vermitteln; dort ist etwa der erste Gastdirigent Markus Poschner als Improvisator am Klavier zu erleben.

Poschner erklärt Beethoven am Klavier: neue Konzertformen bietet die Saison 2012/13, unter anderem Konzerte mit zwei Pausen (Foto: Steffen Jaenicke)

Dem klassisch-romantischen Kernrepertoire fühle man sich weiterhin verpflichtet, so Rose; daneben sorgen wie gewohnt Erst- und Uraufführungen für Reibungspunkte mit dem Publikum. Eine wiedererkennbare künstlerische Handschrift dürften langjährige Philharmoniekenner jedoch in der nächsten Spielzeit wiederum vermissen. So richtig wird auch in Sanderlings erstem Jahr nicht klar, wodurch sich das städtische vom Dresdner Staatsorchester klanglich und interessemäßig unterscheidet. in den "Philharmonischen Blättern" sieht Frühbeck de Burgos als das beste Ergebnis seiner Arbeit an, dass das Orchester nun international bekannter sei; darauf wird jedoch in der nächsten Zeit nicht aufgebaut. Erst 2012/13 wird – notgedrungen – das Orchester wieder öfter auf Tournee gehen.

Vorwärts, und nicht vergessen: die nächste Saison ist die letzte im Multifunktionssaal (Foto: M. Bothor)

Bis dahin hängt der Kulturpalastumbau vage drohend im Bewusstsein der Philharmoniker herum. Betont nüchtern gaben sich die Künstler auf dem Podium auf ensprechende Nachfrage; sicher, sagt Sanderling, ein Konzerthaus wäre ihm gar nicht unlieb, aber die Finanzierung sei ja nun einmal nichts geworden. An künstlerische und organisatorische Knackpunkte mag offenbar zur Zeit niemand denken; etwa, welches der beiden Dresdner Orchester am 13. Februar oder zu wichtigen Komponistenjubiläen den Saal bespielen darf. Sollte sich die Kapelle bei solchen Anlässen immer als nachrangiger Gast fühlen müssen, wird aus dem Umzug aus der Semperoper wohl nichts werden. Stillhalten, abwarten, gute Arbeit leisten, das scheint momentan die Philharmonieparole zu sein. So ganz leichten Herzens kann man da dem Amtsantritt Sanderlings nicht entgegensehen, auch wenn der Dirigent sich noch so lobend über seine neue Liaison äußert.