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Der Nachwuchs kommt mit Charme und Können

Noch ist der Rausch der Stuttgarter Jubiläumsgala nicht verflogen. Da heißt es umschalten, zurück in den Alltag. Welch Glück aber, im Dresdner „Ballettalltag“ gilt es denselben zu feiern. War der Premierenerfolg von „Coppélia“ als deutsche Erstaufführung der Fassung von George Balanchine schon ein exzellenter Erfolg, ein Fest für Auge und Ohr, für Herz und Sinn, so gestaltete sich die Aufführung am 16. Februar erneut zu einem Abend, den man so schnell nicht vergessen wird. So wie es Ballettdirektor Aaron S. Watkin gelingt räumlich, inhaltlich und konzeptionell die Möglichkeiten des Semperoper Ballett stetig zu erweitern, so ist es auch guter Brauch geworden, den Nachwuchs in der Kompanie zu fordern und dabei zu fördern.

Anna Merkulova, hier in ihrer eigenen Choreographie »Late…Lost…Living…« (Fotos: Ian Whalen)

Nicht dass die junge Ukrainerin Anna Merkulova aus der Gruppe der Coryphées bisher im Verborgenen geblieben wäre, aber als Swanhilda tanzte sie sich auf Anhieb bei ihrem Debüt in die Herzen des Publikums. Ebenso der Spanier Jón Vallejo aus dem Kreis der Halbsolisten, dessen kraftvolle Eleganz längst viel Aufmerksamkeit erregte, jetzt zu ersten Mal als Franz, gibt hier weit mehr als eine Talentprobe. Das mindert nicht im Geringsten die Leistungen des exzellenten Premierenpaares Leslie Heylmann und Jirí Bubenícek denn es handelt sich jeweils um gänzlich individuelle Ansprüche und Interpretationen.

Der Dritte im Bunde, der skurrile Dr. Coppélius in seinem Wahn künstliches Leben zu schaffen kann eine grandiose Partie für Charaktersolisten sein, sofern sie nicht Kunst und Klamauk verwechseln. Ralf Arndt beschränkt sich auf wenige Akzente der Charakterisierung, das ist viel und weist in die tragikomische Dimension dieser Rolle. Anna Merkulova und Jón Vallejo wirken in ihrer Jugendlichkeit so wunderbar direkt, Verwirrung, Neugier, Verwechslung und kleine Momente der Unabwägbarkeit ihrer Abenteuer gelingen bei aller nötigen Künstlichkeit des Genres doch verblüffend ungekünstelt.
Es spricht für die gewachsene Kompetenz der gesamten Kompanie, dass die allegorischen Partien des dritten Aktes unterm Hochzeitshimmel voller Glocken und Blüten fast ausnahmslos auch aus dem Ensemble besetzt werden können. Fast eine Episode, aber in guter Erinnerung, Elena Vostrotina und Denis Veginy als Zwietracht und Krieg.

Was aber wäre ein opulenter Ballettabend in der Semperoper ohne angemessenen Klang. Da lassen die Damen und Herren der Staatskapelle unter der Leitung des balletterfahrenen Paul Connelly vor ausverkauftem Haus mal wieder aufhorchen wenn sie es verstehen manche schöne Gefälligkeit der Musik des Franzosen Léo Delibes in edle Klänge zu verwandeln.

Junge Choreographen: »Jatamansi« (Hiriko Asami)

Am Sonnabend, auf der neuen Spielstätte „Junge Szene“, werden sich junge Tänzerinnen und Tänzer der Kompanie als Choreografen vorstellen. Anna Merkulova tanzt ihre eigene Kreation »Late…Lost…Living…«, Jón Vallejo nach den Wünschen von Duosi Zhen und Raquél Martinez.