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Ägypten? Ägypten??

Bereits für Herbst 2009 war ein Gastspiel der Sächsischen Staatskapelle in Alexandria und Kairo fest geplant. Damals scheiterte die Tournee aus Rücksichtnahme auf einen Mordprozess, der Dresden in die internationalen Schlagzeilen brachte. Nun ist auch der Folgetermin geplatzt, diesmal mit der unsicheren Situation in Ägypten begründet. Die Sächsische Staatskapelle bleibt und reist also weiterhin jenseits von Afrika. Vorerst zumindest. Vielleicht, so wird hinter fest vorgehaltener Hand gemunkelt, debütiert sie zur Amtseinführung von Mohammed El-Baradei in Ägypten, also in Afrika.

Ist da schon ein Morgenrot zu erkennen? (Foto: akai / photocase.de)

Denn der Dresdner Klangkörper ist zwar regelmäßig in aller Welt unterwegs, war aber noch nie auf dem afrikanischen Kontinent zu hören. Einen ersten Versuch, dies zu ändern, gab es bereits vor knapp zwei Jahren. Damals sollte die musikalische Eroberung des „Schwarzen Kontinents“ in Ägypten unter der Leitung des einstigen Chefdirigenten Herbert Blomstedt stattfinden – und wurde kurzfristig abgeblasen. Verständlich, denn nahezu zeitgleich begann in Dresden der Prozess gegen den Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini. Die 31-jährige Frau war im August 2008 auf einem Spielplatz von einem Russlanddeutschen attackiert worden, zeigte ihn an und wurde am 1. Juli 2009 im Gerichtssaal von ihrem damaligen Peiniger erstochen. Bis heute scheint unvorstellbar, wie dies im Landgericht Dresden angesichts zahlreicher Justizbeamter und mehrerer Zeugen möglich gewesen sein soll.

Proteste in Ägypten und weiteren Teilen der arabischen Welt waren damals die Folge. Kurz vor Prozessbeginn ließ der ägyptische Kulturminister mitteilen, er könne keine Garantie für die Sicherheit des Orchesters übernehmen. Also wurden ausverkaufte Konzerte in Alexandria und Kairo storniert. Schon damals mit der Ankündigung, das Gastspiel möglichst rasch nachzuholen.

Der Zeitpunkt sollte nun gekommen sein, für Mitte März war die neue Tour der Sächsischen Staatskapelle programmiert. Diesmal unter dem Dirigat von Nikolaj Znaider, mit dem die Kapelle nach den beiden Konzerten in Kairo und Alexandria weitere Auftritte in China bestreiten sollte. Aufgrund der Nachrichtenlage und den unabsehbaren Folgen der aktuellen Ereignisse in Ägypten steht das Afrika-Debüt erneut in den Sternen. Was aber bevorsteht, ist die China-Tournee. Nach Auftritten in den Millionenstädten Schanghai und Guangzhou geht es in die Hauptstadt Peking, wo zeitgleich eine Exposition der Superlative – „Die Kunst der Aufklärung“, eine gemeinsame Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München – den neuen Museumskomplex des National Museum of China eröffnen soll. Aufklärung tut Not, keine Frage. Dass dieses Stichwort mit einer neuerlich reduzierten Konzertreise verbunden sein wird, ist tragisch.